FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 2/2022
nen aus sonstigen externen Quellen wie Glassdoor, einer Internetseite, auf der Unternehmen von ehemaligen oder aktu- ellen Mitarbeitern bewertet werden kön- nen. Uns bietet das wichtige Zusatzinfor- mationen. Sauren: In welcher Hinsicht? Bendahan: Die ESG-Analyse hat seit jeher sehr viel Wert gelegt auf Aspekte wie die Unternehmensführung an sich. Aus mei- ner Sicht ist aber der Faktor Mitarbeiter immer wichtiger geworden, zum Beispiel für die Beurteilung eines Dienstleisters,weil diese Unternehmen in der Regel Hundert- tausende von Mitarbeitern beschäftigen. Deshalb interessiert uns nicht nur die Art und Weise, wie ein Unternehmen mit seinen Mitarbeitern umgeht und sich von anderen Arbeitgebern unterscheidet. Es geht auch darum, ob es in der Lage ist, Mitarbeiter zu halten, oder um die Frage, wie es um das Thema Diversität steht. Ein Unternehmen, das hier schlecht abschnei- det, wird unter Umständen Probleme be- kommen, neue Mitarbeiter einzustellen, oder eine schlechtere personelle Qualität in Kauf nehmen müssen. Viehmann: Wobei die Kriterien und deren Gewichtung in Ihrer ESG-Analyse doch je nach Branche sicher unterschiedlich sind? Bendahan: Wir verwenden dazu eine soge- nannte Wesentlichkeitsmatrix, die von den Kriterien des Sustainability Accounting Standards Board inspiriert ist. Daher wird das Gewicht jedes Analysekriteriums je nach Sektor unterschiedlich hoch einge- stuft. Am Ende entsteht daraus eine unter Umständen 20 Seiten umfassende, detail- lierte Analyse, die die Basis für unsere Anlageentscheidung bildet. Ein Unterneh- men, das beim ESG-Rating weniger als 40 Punkte erzielt, gilt für uns als nicht inves- tierbar. Zusätzlich haben wir die Bedin- gung aufgestellt, dass das durchschnittliche Rating der Unternehmen in einem Port- folio höher sein muss als der Durchschnitt der besten 80 Prozent des jeweils zur Ver- fügung stehenden Anlageuniversums. So wollen wir sicherstellen, dass wir im Schnitt in Unternehmen investieren, die gute, ausgezeichnete oder hervorragende ESG-Kriterien aufweisen. Viehmann: Bei Ihrem größten Fonds Eleva European Selection fällt auf, dass Nestlé die größte Position ist, obwohl das Unter- nehmen laut Ihrem Factsheet nicht unbe- dingt ein sehr gutes Rating hat. Bendahan: Nestlé ist tatsächlich kein ein- faches Unternehmen, auch wir hatten anfangs Probleme zu investieren. Deshalb sind wir in den aktiven Dialog mit dem Management getreten, um zu erklären, dass wir nur dann investieren werden, wenn es zu signifikanten Verbesserungen kommt. Und wir waren sicher nicht die Einzigen, was am Ende auch Wirkung gezeigt hat. Nestlé hat vier Milliarden Franken in die Verbesserung seiner Umweltbilanz inves- tiert und wird zum Beispiel im Jahr 2025 dazu übergehen, den gesamten bei seinen Waren anfallenden Kunststoff zu recyceln. Und wir sehen, dass das Unternehmen sich generell um eine Verbesserung in vielerlei Hinsicht bemüht. Sonst hätten wir sein ESG-Rating nicht von 50 auf 54 erhöht. Der Abstand zum Höchstwert 100 zeigt aber auch, dass noch einiges an Arbeit bleibt, etwa deutlich mehr Nachhaltigkeit beimWasserverbrauch, aber auch bei einer Reihe anderer Faktoren wie etwa der Kakaogewinnung. Viehmann: Sie investieren auch in Ölwerte. Mit welcher Begründung? Bendahan: Weil wir davon überzeugt sind, dass die Menschheit noch sehr lange fossile Brennstoffe benötigen wird. Aber wir unterscheiden durchaus auch speziell in diesem Sektor. Wir investieren zwar in ein Unternehmen wie Total Energies, weil es einer der größten Investoren in erneuer- » Das Gewicht jedes Analysekriteriums wird je nach Sektor unterschiedlich hoch eingestuft. « Eric Bendahan, Eleva Capital Michael Viehmann, Sauren Fonds-Research MARKT & STRATEGIE Nachhaltig nachgefragt | Eric Bendahan | Eleva Capital 120 fondsprofessionell.de 2/2022 FOTO: © FLORIAN TRETTENBACH | EYECATCHME NACHHALTIG NACHGEFRAGT
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