FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 2/2022
Alte Kanäle, neue Wege Der Anleihenhandel läuft meist noch über antiquiert wirkende Verfahren. Langsam fasst die Digitalisierung zwar Fuß, sie verändert die gewohnten Abläufe aber eher im Hintergrund. E ine Anleihe nach ihrer Emission am Sekundärmarkt zu kaufen oder zu ver- kaufen,war früher für Investmentprofis wie Fondsmanager eine relativ simple Angele- genheit. Sie wandten sich an den Händler ihres Vertrauens, der einen Bond abkaufte und im Zweifel ins eigene Buch nahm, bis ein Abnehmer gefunden war. Im umge- kehrten Fall gab der Händler bei Anfragen einfach Papiere aus seinem Bestand ab. Dies schuf den Eindruck, dass stets Liquidi- tät im Bondhandel bereitsteht. Das änderte sich mit der Finanzkrise 2008 radikal. Die Kapitalanforderungen an die Finanzdienst- leister wuchsen – und der Spielraum für Händler, Wertpapiere im eigenen Buch zu parken, schrumpfte drastisch. Seither klappern die Händler ihr Kun- dennetzwerk ab und fragen, ob Interesse an einem bestimmten Papier besteht.Dazu schicken sie Chat-Anfragen über die Finanz- plattformen herum oder telefonieren ihre Kunden ab. „Wenn das klingt wie die Suche nach der Nadel im Heuhaufen, so ist es das im Grunde auch“, sagt Kevin McPartland vom Researchhaus Coalition Greenwich. „Man könnte argumentieren, dass dies genau das ist, wofür die Anleihen- händler wirklich bezahlt werden.“ Ein Vergleich mit dem Aktienmarkt führt jedoch vor Augen, wie modern und effizient eine Transaktion ablaufen kann. Dort werden die Orders vollständig über elektronische Handelssysteme platziert, ausgeführt und abgewickelt. Algorithmen führen binnen Sekunden Angebot und Nachfrage zusammen. Praktisch in Echtzeit spucken die Rechner Preise und Angebots- spannen aus. Ein Fundus an Datensätzen erlaubt zudem Analysen historischer Kurs- entwicklungen. Die Praxis im Bondhandel sieht noch völlig anders aus. Eine Umfrage von Coali- tion Greenwich aus dem Jahr 2021 erfragte bei den Händlern von Unternehmensanlei- hen, wie bei ihnen Transaktionen zustande kommen. Fast 70 Prozent gaben an, Nach- richten an potenzielle Kunden zu schrei- ben (siehe Grafik „Herkömmliche Hand- arbeit“ auf der nächsten Seite).Mehr als 60 Prozent gaben an, Kunden anzurufen. Die Hälfte nimmt Bonds ins eigene Buch. „Das ist immer noch ein hoher Prozentsatz, aber sicherlich weniger als noch vor 15 Jahren“, meint McPartland. Intransparenter Markt Die Digitalisierung fasst langsam Fuß, steht aber vor Hürden. „Der Handel mit festverzinslichen Finanzinstrumenten ist stark fragmentiert und intransparent“, erläu- tert Alireza Dorfard, Leiter des Bereichs Marktdaten bei der Deutschen Börse, die Problematik. „Denn die meisten Trans- aktionen erfolgen außerbörslich, und unter- schiedliche Daten werden bei verschiede- nen Marktteilnehmern gespeichert.“Anders » Wenn das klingt wie die Suche nach der Nadel im Heuhaufen, so ist es das im Grunde auch. « Kevin McPartland, Coalition Greenwich Händlerin am Hörer: Nach wie vor fädeln Bondhändler ein Geschäft meist über klassische Kanäle wie das Telefon ein. Doch die Unter- stützung durch digitale Systeme gewinnt an Bedeutung. MARKT & STRATEGIE Bondhandel 166 fondsprofessionell.de 2/2022 FOTO: © MONKEY BUSINESS | STOCK.ADOBE.COM
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