FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 2/2022

nannten blauen Wasserstoff nimmt, und dazu benötigt man Gas. Das war die Vorstellung. Selbst wenn wir auf LNG umstellen, wird der Preis ein anderer sein. Es wird natürlich teurer. Daran wird sich nun nichts mehr ändern, denn mit dem Einmarsch Russlands in die Ukraine und den Sanktionen ist klar, dass man Russland aus der internationalen Arbeitsteilung ausgrenzen wird. Daher muss man die Energie von anderswo importieren. Diese ist teurer. Das heißt Wohlstandsverlust. Das ist richtig, es bedeutet Wohlstandsver- lust, weil wir geringere Wachstumsraten realisieren werden, wenn sich die inter- nationale Arbeitsteilung verringert. Und es wird für Konsumentinnen und Konsu- menten auch teurer. Die Preise steigen jetzt schon, und sie werden weiter steigen, wenn nicht die Notenbanken schärfer einschrei- ten, als dies jetzt erwartet wird. Generell herrscht ja die Meinung vor, die Notenbanken hätten gar keine Spielräume. Der Spielraum ist gar nicht so eng, wie man meinen sollte. Man hört in dieser Diskussion immer das Argument: Wenn die Zinsen nach oben gehen, hat Italien ein großes Problem. So einfach ist es nicht. Wenn Sie sich ansehen, wie langfristig sich die Italiener während der Niedrigzinsphase zu günstigen Konditionen finanziert ha- ben: Selbst wenn der Zins in Italien um einen Prozentpunkt steigt, sinken die Zins- ausgaben des Staates in Prozent des BIP immer noch, weil die Refinanzierung der alten Anleihen immer noch günstiger wäre. Erst wenn man um zwei oder drei Prozentpunkte anhebt, merkt der italie- nische Staat das überhaupt, und auch das nur allmählich. Ein anderes Problem sind die Volumina, nämlich ob Italien in den Märkten genug Käufer für seine Papiere findet beziehungsweise zu welchen Zinsen sie verkauft werden können. Wenn die EZB als Abnehmer ausfällt … Genau, aber ich wäre zuversichtlich, dass das funktioniert.Die EZB hat angekündigt, aus den Nettoanleihenkäufen ab Sommer auszusteigen, und ich könnte mir vor- stellen, dass sie das sogar mit einer Redu- zierung der Bilanz kombinieren könnte – es geht ja um die Nettoanleihenkäufe, brutto kauft sie sehr wohl noch, um den Bestand zu halten. Ich glaube, dass die EZB vor dem Hintergrund der Inflationsent- wicklung bald mindestens eine Zinserhö- hung ankündigen sollte, und zwar zumin- dest die Anhebung des negativen Einla- genzinses für die Banken. Und es wäre ein wichtiger Schritt, der bereits im Juli statt- finden sollte. Um Inflationserwartungen zu beeinflussen? Ja.Man sieht aktuell, dass die Fed schon die ursprünglich eingepreisten sieben Zins- erhöhungen in Viertelprozentschritten kassiert hat und auf 50 Basispunkte geht. Hinzu kommt eine schärfere Bilanzverkür- zung, was im Hinblick auf die Anleihen- märkte interessant wird. Wenn das so wei- tergeht, ergibt sich noch einmal ein ganz anderer Druck auf die EZB. Vielen Dank für das Gespräch. GERHARD FÜHRING FP HINTERGRUND: Lars Feld Lars Feld gilt als ordoliberaler Ökonom, der für eine soziale Marktwirtschaft, Wettbewerb und einen schlanken Staat eintritt. Er sprach sich gegen ausufernde Staatsverschuldung und eine zu expansive Fiskalpolitik aus. Er zählt zu den geistigen Vätern der deutschen „Schuldenbremse“, an deren Ausarbeitung er in der Föderalismuskommission mitwirkt. Er hat sich auch mit dem Thema „direkte Demokratie“ wissenschaftlich beschäftigt. » Die Preise steigen jetzt schon, und sie werden weiter stei- gen, wenn nicht die Notenbanken schärfer einschreiten, als dies jetzt erwartet wird. « Lars Feld, Universität Freiburg FOTO: © MARLENE FRÖHLICH | LUXUNDLUMEN 186 fondsprofessionell.de 2/2022 MARKT & STRATEGIE Lars Feld | Universität Freiburg

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