FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 2/2022
kann.“Kosten für Rohstoffe oder Handwer- ker, die immer höher werden, schlagen bei Wohnungsunternehmen anders zu Buche als die immer teurer werdenden Waren und Dienstleistungen, die das durchschnitt- liche Kaufverhalten der Verbraucher wider- spiegeln und die Basis für die Berechnung des Inflationsindex bilden. Problematisches Timing Außerdem müssen die – gegebenenfalls höheren – Kosten des Vermieters in der Regel kurzfristiger beglichen werden, als er seinerseits höhere Zahlungsverpflichtungen bei seinen Mietern anmelden kann. Wer eine Anpassung an den Verbraucherpreis- index vornimmt, muss im Wohnungs- segment mit der nächsten Erhöhung min- destens zwölf Monate warten, egal wie stark seine Kosten steigen. Unternehmen, die einen Modernisierungsstau in ihren Bestandsobjekten aufkommen ließen,müs- sen den gegebenenfalls noch innerhalb die- ser Zeit abbauen, ohne die höhere Kosten, die sie dafür aufwenden müssen, an ihre Mieter weiterreichen zu können. So viel Dynamik und Flexibilität eine Indexklausel im Mietervertrag auch ver- spricht, bei ihrer praktischen Durchsetzung oberhalb eines seit Jahrzehnten gewohnten Maßes zeigen sich schnell ihre qualitativen, quantitativen und zeitlichen Unzulänglichkeiten. Als durchsetzbar gelten Miet- erhöhungen zwischen drei und fünf Prozent, aber auch nicht regelmäßig und nur, wenn die Konditionen hinreichend gro- ße Spielräume schaffen, zum Beispiel wenn die bisher ge- zahlten Mieten auf einem sehr niedrigen Niveau liegen. Was also bleibt den Eigentü- mern übrig? Verhandeln! „In jedemHaus gibt es verschieden lange und verschieden zuverläs- sige Mietverhältnisse“, sagt Wert- grund-Manager Kemmner. „In einem haben wir ein Ehepaar, das in seiner Wohnung schon seit 1952 wohnt. Da su- chen wir natürlich den persönlichen Kon- takt und eine individuell tragbare Lösung.“ Dabei sieht Kemmner keinen karitativen Auftrag seines Unternehmens. „Aber wenn wir vordergründig über Artikel 8 oder Artikel 9 diskutieren und hintenrum die Mieter unfair behandeln, dann passt das nicht zusammen“, sagt er und bezieht sich damit auf die EU-Offenlegungsverord- nung, die auf mehr Nachhaltigkeit in der Investmentwelt abzielt. Indexklauseln wird in Mietverträgen wie- der größere Aufmerksamkeit zuteil werden. „Es wird aber immer auf ein Gesamtpaket ankommen“, sagt Commerz-Real-Manager Schüttauf. Möglicherweise wird es Korri- dore geben, etwa dass erst ab einer kumu- lativen Veränderung von drei Prozent über- haupt angepasst wird, dann aber nur bis höchstens fünf Prozent pro Jahr. „Am Ende wird es eine Mischung aus verschie- denen Gestaltungsvarianten sein“, sagt Schüttauf, „man kann zum Beispiel auch vereinbaren, dass oberhalb eines Schwellen- werts von der durch den Index angezeigten Preissteigerung nur ein bestimmter Pro- zentsatz vertragswirksam wird.“ Schweizer Alternative Es gibt eine charmante Alternative zum Verbraucherpreisindex als Indikator für Mietanpassungen. Darauf weist Wolfgang Speckhahn von Dea Capital hin: „In der Schweiz werden Mieten tradi- tionell gemäß der Veränderun- gen des Hypothekarzinses an- gepasst.“ Das heißt, einer Miet- anpassung werden die jeweils aktuellen Refinanzierungskon- ditionen zugrunde gelegt. „Er- höht sich die Zinslast des Ver- mieters, darf er das an den Mieter weitergeben und muss einen Vorteil auch demMieter gewähren, wenn der Zinssatz geringer wird.“ In der Regel liegt die Schwelle bei 25 Basis- punkten. Ist diese erreicht, kön- nen beide Seiten, Mieter und Vermieter, eine Anpassung vor- nehmen. TILMAN WELTHER FP Begehrt und teuer Entwicklung von Büromieten und Flächenumsatz 1 Sowohl die Coronaauswirkungen als auch die – bisherige – Inflation ließen die Spitzenmieten ziemlich kalt. 1 Top-7-Standorte inDeutschland Quelle:JLL |Stand:April2022 2017 2018 2019 2020 2021 ’22 0 500 1.000 1.500 2.000 2.500 3.000 3.500 4.000 4.500 Spitzenmiete (Index 1987 = 100) Büroflächenumsatz in 1.000 m 2 180 190 200 210 220 230 » Mietverträge zu indexieren ist im angelsächsischen Ausland die Norm. « Wolfgang Speckhahn, Dea Capital SACHWERTE Inflationsschutz 226 fondsprofessionell.de 2/2022 FOTO: © DEA CAPITAL
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