FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 2/2022

tragsgrundlagen nicht richtig aufgehoben. Der BDVM empfiehlt seinen Mitgliedern ausdrücklich die Bestimmung im Makler- vertrag, „dass Versicherungen nicht an Di- rektversicherer oder Unternehmen vermit- telt werden, die dem Makler keine Vergü- tung gewähren“, so Jenssen weiter.Dies wer- de auch nicht irgendwo verdeutlicht, son- dern am Anfang der Geschäftsbeziehung. „Wie soll der Versicherungsmakler, der nach dem gesetzlichen Leitbild eine Ver- mittlungsleistung schuldet, diese bewerk- stelligen, wenn der Versicherer mit ihm nichts zu tun haben will?“, fragt Jenssen rhetorisch. Darüber habe sich das OLG Karlsruhe offensichtlich keine Gedanken gemacht. Unabhängigkeit ist Pflicht Nach der Satzung des BDVM ist man unter anderem dann kein Versicherungs- makler, wenn die nach dem Berufsbild erforderliche Unabhängigkeit fehlt. Dies gelte insbesondere, wenn ein agenturähnli- ches Verhältnis zu einem oder mehreren Versicherern besteht oder Geschäftsanteile oder Aktien der Maklerfirma von oder für Unternehmen der versicherungsgebenden oder der versicherungsnehmenden Wirt- schaft gehalten werden und dadurch eine wirtschaftliche Abhängigkeit besteht. Apropos Geschäftsanteile: Der Auftritt eines Maklerunternehmens ist nicht schon deshalb wettbewerbswidrig (nach Paragraf 5 Absatz 1 UWG), weil ein Versicherer die Mehrheitsbeteiligung der Maklerfirma be- sitzt. Ein Maklerunternehmen, das zu 100 Prozent einem Versicherer gehört, darf aber nicht damit werben, unabhängig und neu- tral zu sein. Das entschied das OLG Mün- chen mit Urteil vom 16. Januar 2020 (Az.: 29 U 1834/18). Im konkreten Fall wollte ein Vermittler dem anderen die Makler- Bezeichnung verbieten, weil die Firma zu 100 Prozent einem Lebensversicherer ge- hört. Die Beteiligung führte die verklagte Maklerfirma in ihren Erstinformationen auf. Zugleich gab sie an, „unabhängig und neutral“ zu sein. Diese Aussage ist irrefüh- rend, befand das OLG. Der Makler muss diese Angabe unterlassen. Dies sei nur er- laubt, wenn der Versicherer maximal 49,9 Prozent der Anteile besitzt.Dagegen sei der sonstige Marktauftritt des Maklers rechtlich zulässig, da über die Mehrheit der Firmen- anteile korrekt aufgeklärt worden war. Urteil zum Berufsbild BDVM-Geschäftsführer Jenssen verweist auf ein BGH-Urteil zur Hilfe des Maklers bei der Schadenregulierung, das 2016 die Bausteine des Berufsbildes eines Versiche- rungsmaklers klarstellte (Az.: I ZR 107/14). Dies seien vor allem die neutrale Risiko- erfassung und Risikobewertung, Versiche- rungsschutzerfassung und -bewertung, un- abhängige Platzierung/Abschluss der Ver- sicherungspolice, Vertragsbetreuung (samt Überprüfung des Schutzes auf etwaige An- passung) und Schadenassistenz (allerdings nicht im Auftrag des Versicherers). Für Ver- sicherungsmakler ist laut BGH die gesetz- liche Definition maßgeblich (nach Para- graf 59 Absatz 3 VVG). Demnach ist Versi- cherungsmakler, wer gewerbsmäßig für den Auftraggeber die Vermittlung oder den Abschluss von Versicherungsverträgen übernimmt, ohne von einem Versicherer oder von einem Versicherungsvertreter damit betraut zu sein.Damit unterscheidet sich das Berufsbild grundlegend von dem des Handelsmaklers (nach Paragraf 98 HGB), der grundsätzlich von beiden Par- teien beauftragt wird. Mitunter gibt es Streit bei drohender Kundenabwanderung. Überraschend ent- schied der BGH am 8. Juli 2021, dass Mak- lerpools gegenüber einem angeschlossenen Makler unter bestimmten Bedingungen zumVersand von Stornogefahrenmitteilun- gen verpflichtet sind, falls der Kunde seine Police beenden will (Az.: I ZR 248/19). Üblich sind solche Mitteilungen nur von Versicherern an ihre Handelsvertreter, da- mit die beim Kunden nachhaken können, um zu versuchen, den Vertrag beim Kun- den und ihre Provision beimVersicherer zu retten. Das passt jedoch nicht zu Kunden- vollmachten von unabhängigen Maklern und deren Courtagevereinbarungen mit Versicherern oder Pools.Deshalb sorgt auch dieses Urteil für Verunsicherung in der Sze- ne der Versicherungsmakler. „Die verhandelte Konstellation betrifft eine klassische Einzelfallentscheidung und sollte allenfalls auf ‚Pseudo-Pools‘ zutreffen, die eher wie Finanzvertriebe agieren“, relati- viert Rechtsanwalt Wirth. „Die Versicherer sind in der Regel nicht dazu verpflichtet, die Makler zu informieren“, stellt der Ber- liner Jurist klar. Es werde davon ausge- gangen, dass der Makler aufgrund seiner vertraglichen Beziehung so dicht am Kun- den dran ist, dass er solche Dinge direkt von ihm erfährt, also unabhängig vom Versicherer agiert. DETLEF POHL FP Mehr zum Verivox-Urteil: QR-Code scannen oder fponline.de/Makler222 » Das Gros der Versicherungsvermittler ist im Auftrag eines Versicherers tätig. « Mona Moraht, DIHK fondsprofessionell.de 2/2022 279 FOTO: © BEENKEN

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