FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 2/2022
und die Provinzial Nordwest wollten sich nicht äußern. HDI, Proxalto und die R+V ließen die Anfrage unbeantwortet. Vielleicht wissen auf Versicherungen spe- zialisierte Maklerpools, bei welchen Häu- sern Rückvergütungen von KVGen an Ver- mittler gezahlt werden? Nein, Oliver Lang, Geschäftsführer des Lübecker Pools Blau Direkt, hat dazu aber eine klare Position: „Wenn Fondspolicen-Vermittler Rückvergü- tungen von KVGen erhalten, ist das nicht zu legitimieren“, sagt er. „Wir lehnen solche Modelle ab.“ Dirk Rathjen, Vorstand des Instituts für Vermögensaufbau (IVA) in München, kann auch nicht sagen, welche Versicherer Fondspolicen im Sortiment haben, bei denen Vermittler solche Rückvergütungen erhalten. „Früher gab es das bei einem gro- ßen deutschen Strukturvertrieb für eine Gruppe gemanagter Portfolios und bei ei- nigen Initiatoren von Fonds, aber heute dürften solche Geschäftspraktiken selten anzutreffen sein“, sagt er. Bei der OVB aus Köln kommen sie nicht vor. „Wir bekom- men für Fondspolicen keine Vergütung von den Kapitalverwaltungsgesellschaften“, erklärt Vorstandschef Mario Freis (siehe In- terview ab Seite 340). Auch bei MLP aus Wiesloch bei Heidelberg sind solche Rück- vergütungen nicht üblich. Vorsicht geboten Freien Vermittlern empfiehlt Hans-Peter Schwintowski von der Humboldt-Univer- sität zu Berlin, auf Vergütungen dieser Art zu verzichten. Nach Paragraf 18 der Versi- cherungsvermittlungsverordnung sind sie dazu verpflichtet, angemessene Maßnah- men zu treffen, um Interessenkonflikte zu vermeiden. „Eine zusätzliche Vergütung durch eine KVG dürfte einen Interessen- konflikt darstellen“, sagt der Rechtsprofessor. Zwar gibt es seines Wissens keine Recht- sprechung zu diesem Thema. „Aber im Fall einer Klage könnte es für einen Vermittler unangenehm werden“, glaubt Schwintowski. Und dann hätte der Makler mit seiner doppelten Belohnung keine Freude – sondern sondern im Gegenteil viel Ärger. ANDREA MARTENS, BERND MIKOSCH FP » Solche Geschäftspraktiken dürften heute selten anzutreffen sein. « Dirk Rathjen, Institut für Vermögensaufbau Der übliche Weg: Rückvergütungen von Fondsanbietern an Versicherer Keine Vermittlungsgeschäfte: Anders als Banken erwerben Versicherer Sondervermögen für die Fondspolicen, die sie anbieten, nicht im Auftrag ihrer Kunden. Stattdessen kaufen sie die Fondsanteile auf eigene Rechnung. Damit ist der Versicherer – und nicht etwa der Policeninhaber – rechtlich gesehen Eigentümer der Anteile. Da es nicht zu einem Vermittlungsgeschäft kommt, ist die Zah- lung von Provisionen der Kapitalverwaltungs- gesellschaften (KVGen) an Versicherungsunter- nehmen ausgeschlossen. Rückvergütungen: Bei den Zahlungen, die Investmenthäuser an Fondspolicenanbieter leis- ten, handelt es sich vielmehr um Rückvergü- tungen. Versicherer kaufen Sondervermögen im großen Stil. Dies drückt zum einen die Verwal- tungskosten der KVGen. Zum anderen sparen sich die Gesellschaften Vertriebsprovisionen, wenn ein Versicherer Fonds erwirbt. Assekuranzunterneh- men verhandeln regelmäßig mit den Investment- häusern über eine Beteiligung an dieser Kosten- ersparnis. Der ausgehandelte Prozent- satz, dessen Größenordnung oft der Höhe der sonst üblichen Bestandspro- vision entspricht, fließt in Form von Rückvergütungen an den Versicherer. Verbuchung: Der Versicherer verbucht die Zahlungen in der versicherungstechnischen Ertragsrechnung unter dem Posten „Übriges Kostenergebnis“. Die Rückvergütungen werden gegen die kalkulierten Kosten gerechnet. Fallen diese dadurch niedriger aus als projektiert, ergibt sich ein Überschuss. 50 Prozent davon haben Fondspolicenanbieter an ihre Kunden weiterzu- reichen, so will es der Gesetzgeber. Die andere Hälfte des Kostenüberschusses dürfen Versicherer verwenden, wie sie möchten. Kein gesonderter Ausweis: Versiche- rungsunternehmen sind nicht dazu verpflichtet, dem Policeninhaber gegenüber offenzulegen, wie hoch die Rückvergütungen ausfallen. Da es sich bei diesen Zahlungen nicht um Provisionen handelt, ist ein gesonderter Ausweis in der Ver- ordnung über Informationspflichten bei Versiche- rungsverträgen (VVG-InfoV) nicht vorgesehen. Auch im Basisinformationsblatt sind diese Kosten nicht ersichtlich. Effektivkosten: Seit dem 1. Januar 2015 verpflichtet das Lebensversicherungsreform- gesetz (LVRG) Versicherer dazu, die „Reduction in Yield“ (RIY), die Effektivkosten einer Fondspolice, anzugeben. In die RIY fließen Kosten für die Kapitalanlage und damit auch Rückvergütungen ein. Sie müssen allerdings nicht einzeln ausge- wiesen werden, sodass sie für Fondspolicen- kunden nicht zu erkennen sind. € € € FONDS & VERSICHERUNG Fondspolicen 294 fondsprofessionell.de 2/2022 FOTO: © INSTITUT FÜR VERMÖGENSAUFBAU
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