FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 2/2022
„Nur wenn dieser das überprüft und bestä- tigt hat, dürfen Lebensversicherer am Ren- tenfaktor drehen.“ Solche Anpassungen gab es schon mehr- fach. Die Allianz Leben machte zu Beginn des vergangenen Jahres Schlagzeilen, weil sie wegen der Minizinsen bei bestimmten kapitalmarktnahen Tarifen den Rechnungs- zins von 1,75 auf 1,25 Prozent gesenkt hat. Betroffen waren Policen mit einem unter Treuhändervorbehalt stehenden Renten- faktor, die zwischen Juli 2001 bis Juni 2013 abgeschlossen wurden. Kürzlich wurde bekannt, dass die Zurich Versicherung von einem Kunden verklagt wird, weil sie unter Verweis auf die Klausel den garantierten Faktor einer Riester-Fondspolice aus dem Jahr 2006 heruntergeschraubt hat. Hart garantierter Faktor Versicherer können auf diese Treuhän- derklausel aber auch verzichten – in die- sem Fall spricht man von einem „hart garantierten Rentenfaktor“. Einen solchen bieten nur sehr wenige Gesellschaften, eine davon ist die Alte Leipziger: „Unsere Kun- den haben bedingungsgemäß einen Rechtsanspruch auf den zu Vertragsbeginn zugesagten garantierten Rentenfaktor. Das heißt, dieser kann nicht abgesenkt werden“, sagt Martin. „Wir sind als Versicherungsver- ein auf Gegenseitigkeit unseren Kunden und damit Eignern besonders verpflichtet.“ Überschüsse „Es ist aber nicht gesagt, dass Inhaber von Policen, die von einer Senkung des garantierten Rentenfaktors betroffen sind, zwangsläufig eine geringere monatliche Rente erwartet als bei Vertragsabschluss in Aussicht gestellt“, macht Leithoff Hoff- nung. Er verweist auf einen anderen wich- tigen Punkt: Verbraucher erhalten nicht nur eine Rente, die allein auf demRenten- faktor basiert. Sie sind auch an den Über- schüssen beteiligt, die der Versicherer auf- grund vorsichtiger Kalkulation der Ren- tenzahlungsdauer und der aktuellen Erträ- ge seiner Kapitalanlagen erwirtschaftet. Die Verwendung der Überschussbeteiligung, die sich neben den Kapitalerträgen auch aus Kosteneinsparungen und Risikogewin- nen speist, kann zu Rentenbeginn fest- gelegt werden, wobei es in der Praxis drei gängige Varianten gibt, die Thomsen zufol- ge in der Branche als „Dynamik“, „Teil- Dynamik“ und „Konstant“ bekannt sind. „Dynamik“ bedeutet, dass die jährlichen Überschüsse für eine zusätzliche Rente ver- wendet werden. So erhöht sich die Rente jedes Jahr ein Stück im Rahmen der Über- schussbeteiligung. „Haben Kunden die ‚Teil-Dynamik‘ gewählt, erhalten sie zu Ren- tenbeginn zusätzlich zur Rente aus dem Vertragsguthaben eine Teilrente aus den angenommenen Überschussbeteiligungen der nächsten Jahre. Die tatsächlich dem Vertrag gutgeschriebenen jährlichen Über- schüsse erhöhen die Rente nur noch leicht“, erläutert der Franke-und-Bornberg- Analyst. „In der Variante ‚Konstant‘ wird die von der Gesellschaft angenommene Überschussbeteiligung für eine über die Rentenbezugszeit gleich bleibende Rente verwendet. Allerdings könnten von den Annahmen abweichende Überschussbetei- ligungen für eine Anpassung der Rente sorgen – nach oben wie nach unten.“ Wichtig hierbei sei, dass die Startrente bei ‚Konstant‘ am höchsten ist und bei ‚Dyna- mik‘ am geringsten. Die jährliche Stei- gerung ist allerdings bei ‚Dynamik‘ am höchsten, während bei ‚Konstant‘ sogar wie schon angedeutet auch eine geringere Rente möglich wäre. Somit ist die Senkung des Höchstrechnungszinses nicht in jedem Fall ein Problem – für künftige und aktu- elle Ruheständler. Unabhängig davon sollte Anlegern klar sein, dass die Musik bei ihrem Investment ohnehin in den Fonds spielt, nicht im Ver- sicherungsmantel: Ein schlechter Fonds macht einen guten Rentenfaktor zunichte – und umgekehrt. JENS BREDENBALS FP » Unter bestimmten Voraussetzungen können die Versicherer den Rentenfaktor ändern. « Thomas Leithoff, Impuls Jürgen Thomsen, Franke und Bornberg: „2021 betrug der aktuelle Rentenfaktor im Rahmen unserer Untersuchung im Schnitt 29,09 Euro.“ Peter Schramm, Aktuar: „Bei beispielhaft 30 Jahren Laufzeit kommen 30 Werte zusammen, die zum sogenannten Rentenbarwert aufaddiert werden.“ FONDS & VERSICHERUNG Rentenfaktoren 300 fondsprofessionell.de 2/2022 FOTO: © FRANKE UND BORNBERG, MARCUS THELEN
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