FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 2/2022
Niedrigzinsen Und last but not least stellen die niedri- gen Zinsen im Moment eine hohe Hürde dar – nach Meinung von Experten eine zu hohe. „Die Anforderungen des EU-Regu- lators an Kriterien wie Kapitalerhalt und Inflationsausgleich sind im aktuellen Kapi- talmarktumfeld überhaupt nicht erfüllbar“, sagt Alexander Kling, Partner am Institut für Finanz- und Aktuarwissenschaften (IFA) in Ulm. Er verweist auf eine Anfang des Jahres veröffentlichte Studie, die er gemeinsam mit seinem Kollegen Stefan Graf erstellt hat. Die beiden Aktuare untersuchten 20 verschiedene Produktkonstellationen wie Hybridprodukte sowie Misch- und Life- Cycle-Fondsprodukte mit unterschiedlich hohem Anteil von Aktienfonds (zwischen 0 und 100 Prozent). Den Rahmen gaben die Verordnung und die zugehörigen tech- nischen Regulierungsstandards (RTS) vor. Demnach muss eine Europarente so ausge- staltet sein, dass das Kapital zu Beginn und „während der Leistungsphase mit einer Wahrscheinlichkeit von mindestens 92,5 Prozent zurückerlangt wird. Wenn die verbleibende Ansparphase bei Einstieg in das Basis-PEPP jedoch höchstens zehn Jah- re beträgt, kann bei der Nutzung der Anla- gestrategie eine Wahrscheinlichkeit von mindestens 80 Prozent zugrunde gelegt werden.“ Ferner soll mit einer Wahrschein- lichkeit von mindestens 80 Prozent ein Inflationsausgleich erreicht werden, wobei Brüssel 2020 eine Inflationsrate von 2,5 Prozent unterstellte. All das haben Graf und Kling in ihre stochastischen Modelle einbezogen und gerechnet. Die Resultate sind ernüchternd: Geht man vom aktuellen Zinsniveau und einer Aktienrendite von vier Prozent aus, erfüllt keine Produktkategorie die genann- ten gesetzlichen Anforderungen. Lediglich sehr konservative Produkte, darunter kapi- talgarantierte Lebensversicherungen, schaf- fen es, den sogenannten erwarteten Kapital- verlust auf unter 20 Prozent zu beschrän- ken. Die vorgeschriebene Wahrscheinlich- keit für Kapitalerhalt von mindestens 92,5 Prozent schafft kein Produkt – außer wenn man die Kosten komplett abzieht. Bei den Vorgaben zur Inflation sieht es wiederum düster aus: „Die vorgeschriebene Wahrscheinlichkeit für Inflationsausgleich von mindestens 80 Prozent schafft kein Produkt“, so Kling. Nur wenn man an den Stellschrauben dreht und sowohl das Zins- niveau als auch die erwartete Aktienrendite um jeweils zwei Prozentpunkte erhöht, wären Europarenten seinem Modell zu- folge darstellbar. Sprich: Die Europäische Zentralbank müsste die Zinsen schon deutlich erhöhen, um den PEPPs etwas Pepp zu verleihen. JENS BREDENBALS FP » Die Anbieter warten ab, um nicht aufs falsche Pferd zu setzen. « Justus Lücke, Versicherungsforen Leipzig So kompliziert ist die Besteuerung einer PEPP-Rente Rechtliche Ausgangslage: Wer in einem EU-Staat lebt, muss dort zumeist sein gesamtes Einkommen versteuern, auch wenn er es aus einem anderen Land bezieht – das „Welteinkom- mensprinzip“. Wenn der Staat, aus dem das Geld fließt, diese Einkunfts- quelle auch besteuert, kommt es zur Doppelbesteuerung. „Das lösen Staa- ten in aller Regel durch ein Doppelbe- steuerungsabkommen, das sozusagen die Vorfahrt bei der Besteuerung regelt“, sagt Daniel Ziska, Vorstand der Berliner Steuerberatungsgesellschaft GPC Tax und Experte für internationales Steuer- recht. Diese Abkommen betreffen auch PEPPs. Einfaches Beispiel: Wer in den Niederlanden lebt und vorher in Deutschland in ein PEPP-Konto eingezahlt hat, muss nach dem Doppelbesteue- rungsabkommen zwischen den Ländern Steuern in den Niederlanden zahlen. Aber: Wenn der Bruttobetrag der Rente aus Deutschland mehr als 15.000 Euro pro Jahr beträgt, muss die Ren- te in Deutschland versteuert werden. „Der PEPP- Kunde muss also eine Steuererklärung in Deutsch- land abgeben. Gleichzeitig muss er die Rente aber auch in den Niederlanden erklären. Dort wird er aber eine Steuerermäßigung erhalten, sodass die Rente in den Niederlanden im besten Falle steuer- frei ist“, so der Experte, der auch steuerpolitischer Berater des Vermittlerverbands AfW ist. Wer bekommt was? Das Prinzip der Dop- pelbesteuerung greift auch für Kunden, die meh- rere PEPP-Unterkonten führen. Geprüft wird, in welchem Staat man bei Rentenbezug lebt und welche Abkommen mit den Ländern bestehen, in denen die PEPP-Konten liegen. „Das Land des Altersruhesitzes hat den ersten Zugriff, dann wird geschaut, was die anderen bekommen“, erläutert Ziska. Das könne etwa passieren, wenn ein PEPP in der Anzahlphase steuerlich gefördert war und der Fiskus daher einen Teil der Rente besteuert. Diese Regeln bedeuten für die Anbieter einen gehörigen Aufwand: Sie müssen beispielsweise Steuern einbehalten, Reports erstellen oder Kun- den ihre Steuern ausrechnen. FONDS & VERSICHERUNG PEPP-Rente 304 fondsprofessionell.de 2/2022 FOTO: © VERSICHERUNGSFOREN LEIPZIG
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