FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 2/2022

schrittweisen Gehaltserhöhungen mit zu- nehmender Betriebszugehörigkeit. „Statt- dessen wollte der VÖB eine leistungsbezo- gene Vergütung einführen, was bei uns zu einer Blockadehaltung geführt hat“, so der Verdi-Verhandlungsführer. Immerhin wäre dies ein „tarifpolitischer Bruch“ gewesen. Nach harten Gesprächen nahm der VÖB diese Forderung schließlich zurück. Offenheit hat sich bewährt „Es hat sich bewährt, dass wir von An- fang an auf einen offenen und konstruk- tiven Dialog auf Augenhöhe mit den Gewerkschaften gesetzt haben“, beurteilt VÖB-Geschäftsführer Dominik Lammin- ger die Verhandlungen. „So konnten Pro- bleme gemeinsam frühzeitig identifiziert und Differenzen zielgerichtet überwunden werden.“Auch Verdi-Mann Duscheck zeigt sich mit den Ergebnissen nicht unzufrie- den. „Der Verband hat es uns zunächst etwas schwer gemacht, weil wir Themen vom Tisch räumen mussten, die für uns gar nicht in Frage kamen“, sagt er. Auch weil es viele Verhandlungspunkte gab, zog sich der Tarifpoker mit einer Dauer von neun Monaten und mit sechs Runden außergewöhnlich lang hin. „Es war aber klar, dass die öf- fentlichen Banken tatsächlich modernisieren wollen“, berich- tet Duscheck. Letztendlich hät- ten die Parteien gemeinsam ein ordentliches Paket geschnürt. Neben den erzielten Gehalts- erhöhungen gehört etwa ein Anspruch der Beschäftigten auf mobiles Arbeiten von bis zu 40 Prozent dazu. Die Arbeitszeit wird zudem ab Januar 2024 um eine Stunde auf 38 Stun- den wöchentlich verkürzt. Mit dem Tarifabschluss für die Postbank ist Duscheck so- gar sehr zufrieden. Das Institut, das 1994 von der Deutschen Bundespost abgespalten und privatisiert wurde, hat einen eigenen Tarif- vertrag.Da dieser aufgrund der Historie der Postbank an vielen Stellen Besonderheiten aufweist, ist er auch nach der vollständigen Übernahme durch die Deutsche Bank im Jahr 2015 erhalten geblieben. Daher führt das Haus gesonderte Gespräche mit Verdi. Allerdings nimmt Duscheck in erster Linie bei den Verhandlungen über die Flä- chentarifverträge deutliche Veränderungen wahr. „Hier spiegelt sich die Transforma- tion der Branche auch am Verhandlungs- tisch wider, die Tarifauseinandersetzungen werden seit einigen Jahren zunehmend härter“, sagt er. In Zeiten von Filialsterben und harten Sparmaßnahmen ist dies kaum überraschend. Dabei geht es nicht allein um höhere Gehälter. Kein Nachwuchskräftetarifvertrag Mit dem AGV Banken hatte sich Verdi auch auf einen Nachwuchskräftetarifver- trag verständigen wollen. Dieser sollte etwa Regelungen zur Übernahme von jungen Mitarbeitern nach der Ausbildung vor- sehen, einen Anspruch auf Weiterbildung und zusätzliche freie Tage für die Vorberei- tung auf Abschlussprüfungen. Für Nach- wuchskräfte der öffentlichen Banken gilt seit August 2021 bereits ein eigener Tarif- vertrag. Bei der ING Deutschland erhalten seit September 2020 sogar alle Beschäftig- ten ein tarifvertraglich verein- bartes individuelles Weiterbil- dungsbudget in Höhe von 500 Euro pro Jahr. Die Azubis der privaten Ban- ken bekommen zwar mehr Gehalt, auf einen Nachwuchs- kräftetarifvertrag müssen sie jedoch weiter warten. Denn über ein solches Regelwerk konnten sich die Gewerkschaft und der Arbeitgeberverband nicht einigen. Auch eine Homeoffice-Vereinbarung hat es nicht in den neuen Flächen- tarifvertrag geschafft. Dafür schieben sich die Verhand- lungspartner nun gegenseitig die Schuld in die Schuhe. Banker hinken hinterher Entwicklung der Tarifverdienste in ausgewählten Branchen* Im Bankgewerbe sind die tariflichen Monatsgehälter von 2015 bis 2019 um insgesamt 6,7 Prozent gestiegen, die Verbraucherpreise um 5,3 Prozent. *indexiert,2015=100 |Quelle:Destatis |Stand:2.5.2022 100 102 104 106 108 110 112 2019 2018 2017 2016 2015 Insgesamt Dienstleistungsbereich Bankgewerbe Verbraucherpreise 105,3 106,7 110,8 111,1 » Die jüngsten Tarifstreitigkeiten im Bankensektor waren von Besonderheiten geprägt. « Jan Duscheck, Verdi BANK & FONDS Tarifverträge 410 fondsprofessionell.de 2/2022 FOTO: © KAY HERSCHELMANN | VERDI

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