FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 2/2022

„Darüber hinaus sollte der Gesetzgeber offen für weitere Änderungen bleiben,mit denen das Potenzial der Blockchain geho- ben werden kann“, sagt der Swiat-Chef. Eine Idee sei, Kryptowertpapiere auch in regulierten Märkten handelbar zu machen. Trotz aller Euphorie, die mit den Mög- lichkeiten der Blockchain verbunden sind: Die konkrete Umsetzung scheint nicht ganz so einfach zu sein. Nur ein Beispiel: Bereits 2016 verkündete die australische Börse, sie plane, ihr in die Jahre gekom- menes Abwicklungssystem Chess auf die Blockchain zu heben.Das ursprünglich für das Jahr 2020 vorgesehene „Going live“ musste mehrfach verschoben werden. Jüngst gab die Börse bekannt, dass auch der neue Starttermin im April 2023 nicht mehr zu halten ist. Andererseits gibt es auch erste Erfolge zu vermelden: Im April verkündete das Trio BNP Paribas Securities Services, MEAG und Ergo, eine komplette Fondsabwicklung über die Blockchain realisiert zu haben. MARCUS HIPPLER FP Henning Vollbehr | Swiat „Der Markt prägt sich erst aus“ Henning Vollbehr, Geschäftsführer der neu gegründeten Dekabank-Tochter Swiat, im Interview mit FONDS professionell über die Blockchain, kritische Massen und Kostenersparnisse. H enning Vollbehr war bei der HSH Nord- bank Derivatehändler und zuständig für die quantita- tive Analyse, bevor er 2006 zur Deka wechselte. Dort leitete der Diplom-Mathe- matiker zuletzt das Projekt „Swiat“ (Secure Worldwide Interbank Asset Transfer), das mittlerweile in eine eigene Gesellschaft über- führt wurde. Herr Vollbehr, welche Kostenersparnis kann das Digital Collateral Protocol (DCP) IhremHaus ermöglichen? Henning Vollbehr: Das DCP-Modul kann, abhängig von der Aufstellung einer Bank, die Kosten um rund 50 Prozent reduzie- ren. Besonders groß ist das Einspar- potenzial bei grenzüberschreitenden Transaktionen. Das Swiat-Netzwerk und die Module DCP und Kryptowertpapiere bieten allerdings nicht nur Einsparungs- potenzial, sondern stellen auch Ertrags- möglichkeiten dar.Das Netzwerk versteht sich als Infrastruktur und Innovations- plattform, der sich andere anschließen können, um neben den be- stehenden Anwendungen eigene Applikationen aufzu- setzen beziehungsweise zu entwickeln und zu vermark- ten. Dadurch können neue Dienstleistungen schneller und kostengünstiger ent- wickelt werden. Welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein, dass Swiat beziehungsweise DCP richtig durchstarten kann? Wir müssen das „Kollaborationspara- doxon“ überwinden und eine kritische Masse schaffen. Aktuell sehen wir viele sogenannte Proof of Concepts auf Block- chain-Umgebungen, und inzwischen ist dadurch das Potenzial der Blockchain im Finanzsektor offensichtlich geworden. Allerdings basiert jedes dieser Proof of Concepts auf einer eigenen Blockchain, die jeweils inkompatibel zueinander sind. Die Infrastruktur wird mit jeder neuen eigenen Blockchain noch fragmentierter. Auf der einen Seite ist jeder darauf ange- wiesen, Partner auf die eigene Anwen- dung und damit auf die eigene Infra- struktur zu bekommen, andererseits hat niemand Interesse daran, zusätzliche Knoten und Netzwerke für weitere An- wendungen zu installieren. Diese Situa- tion ist vergleichbar mit der Anfangszeit der Smartphones vor der Etablierung von iOS und Android. Anwendungen mussten für jedes Gerät und jeden Hersteller individuell angepasst werden. Übertragen auf die hohen Anforderun- gen der Finanzindustrie, kann dieses Vor- gehen nicht lange wirtschaftlich sein. Welche anderen Plattformen auf Block- chain-Basis, die im Wertpapierübertra- gungsbereich arbeiten, sind am Markt noch vorhanden? Sehen Sie diese Alter- nativen als Konkurrenz? Der Markt ist noch sehr jung und be- ginnt erst, sich richtig auszuprägen. Wir denken, dass wir mit unseremAnsatz, der Kooperation und Wettbewerb zugleich erlaubt, ohne Fragmentierung zu erzeu- gen, eine gute Herangehensweise gewählt haben. Der Markt für Wertpapierübertra- gungen auf Blockchain-Basis kommt erst einmal in eine Phase vieler Kooperatio- nen, bevor Konkurrenz sich tatsächlich ausprägen wird. MARCUS HIPPLER FP Henning Vollbehr, Deka: „Das ‚Kollaborations- paradoxon‘ überwinden.“ BANK & FONDS Wertpapierabwicklung 418 fondsprofessionell.de 2/2022 FOTO: © SWIAT | DEKA

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