FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 2/2022
zeit stattfindende Verwässerung des Rah- menwerks führt eher zu einer wachsenden Irritation der Anleger als zu deren Auf- klärung. Ginge es nach mir, so gehörte die Taxonomie inzwischen ad acta gelegt. Heuser: Was wäre die Alternative? Funk: Dass jeder Anbieter eines ökologisch oder nachhaltig orientierten Fonds für den Anleger klar nachvollziehbar definiert, was seine grundlegenden Kriterien für die Aus- wahl seiner Investments sind und wie sich das für seinen Fonds investierbare Anlage- universum konkret zusammensetzt. Beim Ökoworld Ökovision Classic machen wir das seit dem Tag der Auflage. Und haben sogar noch eins obendrauf gesetzt. Glow: Worauf spielen Sie an? Funk: Auf die Einbeziehung eines unab- hängigen Anlageausschusses in unsere In- vestmententscheidungen. Dem Ausschuss gehören Vertreter von Umwelt-,Menschen- rechts- und Verbraucherschutzorganisatio- nen sowie Experten in Sachen ökologische und sozial verträgliche Wirtschaft an. Glow: Wiemussman sich das in der Praxis vorstellen? Funk: Bevor ein Unternehmen für mich als Fondsmanager investierbar wird, durchläuft es einen getrennten Investmentprozess. Ein Mitglied unseres zehnköpfigen Nachhaltig- keitsresearch erstellt ein umfassendes Dos- sier, das sich mit den wesentlichen Details und Kennzahlen zu einem Unternehmen auseinandersetzt. Dieses Dossier wird dem Anlageausschuss vorgelegt, der in der Regel dreimal im Jahr zusammentrifft, um über den Investmentvorschlag, der natürlich grundsätzlich unseren ethischen, ökonomi- schen und sozialen Kriterien entsprechen muss, zu diskutieren. Erst wenn dieses Ex- pertenkomitee grünes Licht gegeben hat, wird das Unternehmen in unser Anlage- universum aufgenommen. Heuser: Das hört sich nach einem langwie- rigen und zeitraubenden Vorgang an. Zieht da nicht zu viel Zeit ins Land, bis Sie in eine Aktie investieren können? Funk: Wenn es angebracht erscheint, habe ich als Fondsmanager zusätzlich die Mög- lichkeit eines Ad-hoc-Investments – etwa im Fall eines neu an die Börse kommenden Unternehmens oder wenn bei einer bereits notierten Aktie eine Kapitalerhöhung an- steht. Dann kann eine entsprechende In- vestmentidee unmittelbar bei den beiden Vorsitzenden des Anlageausschusses plat- ziert werden, um keine Zeit zu verlieren. Heuser: Begrenzt das Ihr investierbares An- lageuniversum nicht viel zu stark? Funk: Keineswegs. Genau das ist unser Nachhaltigkeitsfilter, der in dieser Form einzigartig ist. Derzeit stehen uns über 400 Titel für ein Investment zur Verfügung, woraus wir als Fondsmanager nach ent- sprechenden quantitativen Gesichtspunk- ten auswählen können. Auch wenn die Zahl der Investments imÖkovision Classic aufgrund des stark gewachsenen Fonds- volumens inzwischen auf 100 bis 120 Titel angestiegen ist, lässt sich damit ein extrem gut diversifiziertes Portfolio managen … Glow: …das bei Ökoworld aber nur zu ver- gleichsweise hohen Kosten zu haben ist. Funk: Unsere Kostenquote liegt aus guten Gründen höher als bei vielen Wettbewer- bern, nicht nur aufgrund des skizzierten aufwendigen Auswahlprozesses: Viele An- bieter arbeiten im ESG-Bereich lediglich auf der Basis von Datenbanken.Wohin das führen kann, hat uns die Finanzkrise von 2008 deutlich vor Augen geführt, als viele Marktteilnehmer sich etwa beim Thema ABS ausschließlich auf das Urteil von Ratingagenturen verlassen haben. Deshalb legen wir sehr viel Wert darauf, die Unter- nehmen, in deren Aktien wir investieren, an deren Standort aufzusuchen, um uns in Gesprächen mit dem Management selbst ein Bild von dessen Qualität zu verschaffen. Glow: Aber muss es obendrauf auch noch eine Performance Fee in Höhe von zehn » Es geht um eine gesun- de Gewinnorientierung, aber nicht um eine Gewinnmaximierung um jeden Preis. « Alexander Funk, Ökoworld MARKT & STRATEGIE Fondsmanager im Kreuzverhör | Alexander Funk | Ökoworld 88 fondsprofessionell.de 2/2022 KREUZ VERHÖR FOTO: © CORNELIS GOLLHARDT
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