FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 3/2022

len wie Umsatz oder Eigenkapitalquote direkt in die Analyse einfließen, müssen diese alternativen Daten erst einmal nutz- bar gemacht werden. Das erfolgt oft über Textanalyse (Natural Language Processing,NLP). Sie zielt darauf ab, Texte zu verstehen und zu interpretieren – so etwa Googles BERT-Programm. Wäh- rend frühere Suchmaschinen das Internet nach Schlagwörtern durchkämmten, erfasst das 2018 von Google eingeführte Pro- grammmit seinen mehr als 100 Millionen Parametern den Sinngehalt eines Satzes oder einer Frage. Ähnliche KI-basierte Pro- gramme durchforsten den täglichen Nach- richtenstrom, um kleinste Veränderungen in der Investorenstimmung zu registrieren. Die einfließenden Daten verknüpft und in- terpretiert das Computerhirn zu Prognosen über die künftige Kursentwicklung und Anlageentscheidungen. Intensiv mit künstlicher Intelligenz be- schäftigt sich Günter Jäger, Geschäftsführer bei Plexus Investments. Er hat unter ande- rem die „AI-Outperformer Ratio“ ent- wickelt. Diese zeigt die Wertentwicklung ausgewählter KI-Fonds gegenüber ihrer je- weiligen Benchmark.Die durchschnittliche monatliche Outperformer Ratio seit dem Indexstart im Januar 2019 beträgt rund 44 Prozent. Das heißt, pro Monat haben imDurchschnitt 44 Pro- zent der im Index notierten KI- Fonds ihre Benchmark über- troffen. „Für den noch sehr jungen KI-Investment-Ansatz ist das richtig gut“, findet Jäger und vergleicht das Ergebnis mit den von S&P ermittelten Scorecards für alle aktiv gema- nagten Fonds gegenüber ihrer jeweiligen Benchmark. „Im Schnitt erreichen aktiv gema- nagte Fonds eine deutlich ge- ringere Ratio“, so Jäger. Auffallend stark schnitten KI-Fonds in den Monaten März 2020 bis Februar 2021 ab. Dass sie gerade in dieser durch Lockdowns geprägten Marktphase mit ungewohnten Kursmustern gute Resultate erzielten, führt Jäger unter anderem auf die erhöhte Akti- vität von Privatinvestoren zurück, die sich im Internet austauschten und damit NLP- basierten Ansätzen noch mehr Input liefer- ten als in gewöhnlichen Zeiten. In einer Studie kamen Forscher der Universität Macao zum Ergebnis, dass KI-Fonds zwar nicht per se besser sind als der Markt, jedoch ihre humanoiden Konkurrenten deutlich schlagen. Die Autoren Rui Chen und Jinjuan Ren führen das unter ande- rem auf geringere Transaktionskosten und objektivere Entscheidungen zurück. Begrenzte „Intelligenz“ Doch künstliche Intelligenz hat auch ihre Schwächen. „KI bleibt immer innerhalb der Vorgaben, sie wird nie selbstständig Probleme außerhalb dieser Daten lösen“, sagt Klotz. Zudem orientiert sie sich bei ihren Vorhersagen immer an den Werten der Vergangenheit. Auch bei der Bewer- tung sogenannter immaterieller Vermögens- werte oder des Markenwerts tut sich der Computer schwer. Eine weitere potenzielle Schwachstelle ist das sogenannte „Overfit- ting“ (siehe auch Kasten nächste Seite): eine Überanpassung, bei der der Rechner zufäl- lige Strukturen für kausale Muster hält. Dies versuchen Programmierer durch Kon- trollmechanismen zu verhindern. Ein Beispiel für einen konjunktur- und marktunabhängig agierenden KI-Fonds ist der bereits 2010 aufgelegte Tungsten Trycon AI Global Markets. „Die Strategie kann in allen Marktphasen – fallend, seitwärts, steigend – eingesetzt werden“, sagt Port- foliomanager Pablo Hess. Der Trycon-Fonds hat die Flexibili- tät, in rund 60 globalen Märk- ten von Aktienindizes über Staatsanleihen bis hin zu Wäh- rungen sowohl Long- als auch Short-Positionen einzugehen. In das Modell fließt täglich eine siebenstellige Zahl an - Finanz- und Preisdaten ein. „Letztlich für den Erfolg ent- Gute Zeiten, schlechte Zeiten Anteil der Outperformer unter den KI-Fonds Die Grafik zeigt, welcher Anteil der Fonds aus dem „Plexus AI-Outperfor- mance“-Index auf Monatssicht ihre Benchmark übertrafen. Quelle:Plexus Investments 0 % 20 % 40 % 60 % 80 % 100 % 2022 I 2021 I 2020 I Plexus AI-Outperformer Ratio 81,8 % 18,2 % 57,1 % 18,8 % » Bei uns könnte der Portfoliomanager theoretisch noch Einfluss nehmen, hat das aber noch nie getan. « Hendrik Leber, Acatis MARKT & STRATEGIE Künstliche Intelligenz 118 fondsprofessionell.de 3/2022 FOTO: © JOHANNES VOGT

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