FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 3/2022
wicklung hielt bis Anfang dieses Jahres an und wandelte sich dann gravierend. Mit einer Zehnjahresfinanzierung kommen wir gerade mal noch knapp unter drei Prozent. Was heißt das für künftige Fondskalkula- tionen? Die Zinsentwicklung ist viel volatiler und damit viel weniger planbar geworden. Das macht die Sache schwer. Wenn Sie heute den Ankauf eines Fondsportfolios konzi- pieren, setzen Sie einen Ankaufsfaktor an und unterstellen bestimmte Finanzierungs- konditionen. Aber zum Zeitpunkt, an dem Sie diese Konditionen fixieren wollen, sieht alles ganz anders aus. Das bringt Unsicher- heit in den Markt. Das eine ist die Verteue- rung der Fremdfinanzierung, das andere ist die Unplanbarkeit. Es ist deutlich schwie- riger geworden, einen Ankauf zu planen. Das hat natürlich Konsequenzen für die Ankaufsfaktoren. Bei größervolumigen Portfolios mit Nahversorgern sehen wir, dass die Preise schon ein ganzes Stück zurückgegangen sind. Erste Projekte, aus denen wir bereits ausgestiegen waren, weil sie sich aus unserer Sicht nicht mehr rechne- ten, klopfen jetzt wieder an die Tür. Wir lagen mit unserem Angebot zum 21- oder 22-Fachen dann doch nicht so sehr daneben. Es wird sich eine neue Balance zwischen Ankaufs- und Finanzierungskonditionen herausbilden. Es schlägt auch die Stunde der Eigenkapitalinvestoren. Einige unserer Investoren sind durchaus in der Lage und willens, Objekte allein mit Eigenkapital zu erwerben, wenn die Finanzierungskondi- tionen nicht mehr stimmen. Immerhin be- steht ja auch die Gefahr, dass der Hebel ein negatives Vorzeichen bekommt. Auch die jüngsten drei Käufe für das Portfolio unse- res offenen Immobilienfonds haben wir allein aus Eigenkapital bestritten. Wie groß ist die Konkurrenz, die Ihnen durch den Onlinehandel erwächst? Die Konkurrenz ist da und wird nicht nur von uns, sondern vor allem von unseren Hauptmietern scharf beobachtet, ob sich da jemand durchsetzt und es in die Profi- tabilität schafft. Aber der Punkt, an dem Rewe oder Edeka davon ernsthaft bedroht wären, der ist noch sehr, sehr weit weg.Der Anteil des Onlinehandels steigt zwar, ist im Lebensmittelhandel im Vergleich zu ande- ren Branchen aber noch sehr gering. Woran liegt das? Wir haben in Deutschland ein sehr eng- maschiges Netz mit 28.000 Standorten des Lebensmitteleinzelhandels, und fast nie- mand braucht länger als 15 Minuten, um zu einer Filiale zu gelangen. Da hat’s der Onlinehandel schon deutlich schwerer. Er ist vor allem in den Ballungszentren vertre- ten, weil er hier auf die größere Kaufkraft und eine größere Onlineaffinität der Kun- den trifft. Aber sobald Sie die Großstadt verlassen, finden Sie kaummehr einen Lie- ferdienst. Weil es eine komplexe und teure Herausforderung ist, Kühlketten aufrecht zu erhalten, „just in time“ zu liefern und trotzdem noch preislich attraktiv zu sein, hat es noch kein Anbieter in die Profitabi- lität geschafft. Getfaster und Frischepost haben im Sommer Insolvenz angemeldet, und Gorillas, die mit hohemMarketingauf- wand in den Markt gedrängt sind, bauen » Während Corona ist häufiger auch mal das Kobe-Rind auf dem hei- mischen Grill gelandet. « Oliver Weinrich, Habona fondsprofessionell.de 3/2022 193
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