FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 3/2022

auch schon Stellen ab. Außerdem verfügt der stationäre Handel über eine sehr starke Marktmacht, was ihm ermöglicht, zu Prei- sen einzukaufen, bei denen kein Online- händler mithalten kann.Und eines ist auch klar: Wenn Lieferdienste an die Schwelle zur Rentabilität kommen, dann sind die etablierten Händler sehr schnell mit eige- nen Angeboten auf dem Plan.Und sie nut- zen dafür die bereits bestehende Laden- infrastruktur. Was halten Sie von der hin und wieder zu hörenden These, dass Investoren in Lebensmitteleinzelhandelsobjekte eigent- lich nicht in Immobilien, sondern in Miet- verträge investieren? Aus einer mittlerweile veralteten Perspek- tive ist da durchaus was dran. Aber die Qualität der Immobilien hat sich in den vergangenen zehn, 15 Jahren dramatisch verändert. Die Anforderungen, denen die Immobilien heute gerecht werden müssen, sind überhaupt nicht mehr vergleichbar. Heute haben neueste Objekte rundum Tageslicht, sie werden nachhaltig gebaut und betrieben, und die Materialien und deren Verarbeitung sind qualitativ hochwertig. Aber es bleiben Zweckbauten. Ihre Drittver- wendungsfähigkeit spielt doch keine Rolle. Das wichtigste Kriterium ist auch hier, wie überall in der Immobilienwirtschaft, die Lage. Niemand analysiert Standorte so gut, wie das die Expansionsbeauftragten der Nahversorger tun. Die schauen sich genau an, welche Klientel mit welcher Kaufkraft an welchem Standort wohnt und welches Kaufverhalten sie aufweist, welche Verän- derungen sich ergeben könnten und was die Konkurrenz dort vorhat – wobei den Lebensmitteleinzelhandel auch eine spezi- fische Symbiose kennzeichnet: Vollsorti- menter und Discounter gehen bewusst und gern an denselben Standort, weil sie sich da gegenseitig befruchten. Wenn die Umsätze an einem Standort gut sind, wird kein Lebensmittelhändler jemals diesen Standort aufgeben. Er wird immer wieder modernisieren und gegebenenfalls eher ab- reißen und neu bauen, als den Standort aufzugeben. Der Standort ist das Asset, in das investiert wird! Was bewog Habona, neben der Serie geschlossener Fonds einen offenen Immo- bilienfonds zu emittieren? Bis einschließlich unseres sechsten geschlos- senen Fonds legten wir Wert auf kurze Laufzeiten der Fonds und wollten komple- mentär dazu auch einen „Evergreen“, ein Publikumsangebot ganz ohne definierte Laufzeit, anbieten können. Hinzu kam, dass wir öfters Standorte ausgemacht ha- ben, an denen sich das Thema Nahversor- gung viel breiter definieren lässt. Bei ent- sprechender Frequentierung kann man an einen Nahversorgungsstandort auch Büro- und Praxisflächen anbinden oder zum Beispiel eine Tagespflege, eine Kita und Gastronomie. Demgegenüber haben wir bei unseren geschlossenen Fonds einen kla- ren Fokus auf Stand-alone-Objekte, also je- weils eine Gebäudehülle mit einemMieter. Das leuchtet mir noch nicht ein. Sie müs- sen doch in beiden Vehikeln schauen, dass die Rendite stimmt, und eine gemischte Nutzung ist nicht per se für ein bestimmtes Vehikel prädestiniert. Denken Sie vom Exit her! Der Exit unserer geschlossenen Fonds läuft immer im Paket- verkauf an einen institutionellen Investor, und die Institutionellen wollen „Pure Play“. Das müssen Sie anbieten können, sonst ge- winnen Sie keine institutionellen Mandate, und entsprechend müssen die Portfolios klare Ankaufskriterien haben, sonst werden Sie zu Recht gefragt: „Wie ordnen Sie denn zu? Nach Gutsherrenart?“ Wie lauten Ihre Ankaufskriterien jeweils? Es geht mit der Unterscheidung los, ob es sich um einen Portfoliodeal handelt oder um eine Einzeltransaktion. Als Nächstes geht es um die Größenklasse der Objekte und dann natürlich darum, wie geradlinig Sie den jeweiligen Investmentfokus der ver- schiedenen Vehikel passen. Damit können » Denken Sie vom Exit her! « Oliver Weinrich, Habona FOTO: © CHRISTOPH HEMMERICH 194 fondsprofessionell.de 3/2022 SACHWERTE Oliver Weinrich | Habona

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