FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 3/2022
Hans-Georg Jenssen, der geschäftsführende Vorstand des Maklerverbands BDVM, über die aktuellen Herausforderungen der Branche, die Tücken der Regulierung und die Frage, wie sich das Ansehen seines Berufsstands heben ließe. H ans-Georg Jenssen führt seit mehr als 20 Jahren die Geschäfte des Bundes- verbands Deutscher Versicherungsmakler (BDVM). In seinem Hamburger Büro erklärt der scheidende Chef die Umbrüche im Maklermarkt, der permanent durch Regulierung bedroht ist – und was der Verband dagegensetzt. Herr Jenssen, Sie vertreten im BDVM seit 2001 die Interessen von rund 820 Makler- firmen mit 12.000 Mitarbeitern, die ihren Schwerpunkt im gewerblichen und indus- triellen Geschäft haben. Wie stehen diese Mitglieder heute wirtschaftlich da? Hans-Georg Jenssen: Unseren Mitgliedern ist es in den letzten 20 Jahren immer besser gegangen. Sie haben ihre Marktanteile gehalten, in vielen Fällen sogar ausgebaut. Auch für 2022 rechnen wir mit steigenden Courtageeinnahmen. Da es in einer kom- plexen Welt keine einfachen Lösungen gibt, ist der Bedarf an Beratung durch Makler auch deutlich gestiegen. Ein Para- debeispiel dafür war die Pandemie. Ein Gewerbekunde kann – Stichwort Ukraine- krieg – etwa die Folgen von politischen Sanktionen im Zusammenhang mit sei- nem Versicherungsschutz kaum über- blicken, ein versierter Makler schon. Das gilt auch für die Cyberversicherung, bei der viele Mittelständler bereits in normalen Zeiten überfordert sind, und erst recht, wenn zu entscheiden ist, ob Cyberangriffe aus Russland unter eine Kriegsklausel fallen würden. An welchen Punkten der Regulierung war der Verband federführend tätig? Wir müssen schon auf EU-Ebene agieren, weil von dort die Impulse kommen. Unser Verband ist über Bipar, die europäische Dachorganisation der Vermittlerverbände, in Brüssel involviert. So haben wir maßgeb- lich mitbewirkt, dass nicht bereits bei den Richtlinien IMD und IDD die Courtage durch Honorar ersetzt wurde. Zur Erinne- rung: Nahezu gleichzeitig mit der IMD wurde in Finnland und danach in wei- teren Teilen Skandinaviens die Courtage abgeschafft. Dank unserer internationalen Vernetzung konnten wir über die negati- ven Auswirkungen dort berichten und bis- her erfolgreich für die Courtage kämpfen. Ist dieser Kampf gewonnen? Der Kampf ist nicht vorbei. Aktuell wird wieder diskutiert, ob nicht die IDD an die Mifid-2-Regelung angepasst und zumin- dest ein „Independent Advice“bei Versiche- rungsanlageprodukten eingeführt werden soll.Dies würde bedeuten, dass alle, die wie Makler unabhängig sind, nur noch Hono- rar nehmen dürften, Agenten aber weiter- hin Provision. Bei diesen und fast allen EU- Themen ziehen wir mit dem BVK und den anderen Verbänden in Europa an einem Strang.Wie wichtig dies ist, zeigt das Projekt „Dora“ – die Abkürzung steht für Digital Organizational Resilience Act. Da- nach sollen künftig alle Finanzdienstleister hohe Anforderungen an ihre Cybersicher- heit erfüllen, beaufsichtigt von der Bafin – einschließlich aller Vermittler. Durch inten- sive Lobbyarbeit gelingt es uns hoffentlich, die Beteiligten davon zu überzeugen, dass „Der Bedarf an Beratung ist deutlich gestiegen“ » Im Kern wird es darum gehen, die Versicherungsvermitt- lung vom Image des Vertriebs zu entfernen. « Hans-Georg Jenssen, BDVM 238 fondsprofessionell.de 3/2022 FONDS & VERSICHERUNG Hans-Georg Jenssen | BDVM
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