FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 3/2022
Wie grün soll’s denn sein? Seit August müssen Anlageberater die Nachhaltigkeitspräferenzen ihrer Kunden erheben. Ein Blick auf die Prozesse mehrerer Banken zeigt, wie unterschiedlich die Abfrage in der Praxis läuft. D arf’s ein bisschen mehr sein?“ oder „Soll es sonst noch etwas sein?“: Diese Fragen stellen freundliche Servicekräfte in Geschäften und Restaurants ihren Kunden seit Jahrzehnten. Anlageberater hingegen müssen ihrer Klientel erst seit Kurzem die Frage stellen, wie grün es im Depot denn werden soll – vereinfacht gesagt. Seit dem 2. August 2022 haben Berater bei Banken und Sparkassen zu erheben, welche Nachhaltigkeitskriterien ihre Neu- und Bestandskunden bei einer Geldanlage berücksichtigt wissen möchten. So will es die überarbeitete Fassung der Delegierten Verordnung 2017/565 zur Umsetzung der Finanzmarktrichtlinie Mifid II. Stehen die Präferenzen eines Kunden fest, schreibt die überarbeitete Mifid-II- Version den Anlageexperten vor, welche Fonds, Einzelwerte oder Zertifikate sie prin- zipiell als nachhaltig empfehlen dürfen. Hier kommen komplexe Regelwerke wie die EU-Offenlegungs- und die Taxonomie- verordnung ins Spiel. Angesichts komplizierter Begriffe und Verordnungen stellt sich die Frage, wie es Anlageberatern gelingen kann, ihren Kun- den die Thematik zu erläutern. FONDS professionell wollte kurz nach dem 2. Au- gust daher wissen, wie die Finanzprofis die Sache erklären, welche Tools sie nutzen – und wie ihre Kunden reagieren. Das über- raschende Ergebnis: In der Praxis läuft es einfacher als in der Theorie erwartet. Beratungstool erweitert So zum Beispiel bei der Frankfurter Sparkasse: Für die Erhebung der Nachhal- tigkeitspräferenzen hat der IT-Dienstleister der Sparkassengruppe, die Finanz Informa- tik, das institutsübergreifende Beratungs- tool „OSPlus neo“ um Fragen zur Ermitt- lung der ESG-Präferenzen erweitert. „Da- mit sehen wir dieselben Fragen, egal bei welcher Sparkasse wir tätig sind“, erklärt Anlageberater Fabian Schäfer. „Nach der Erhebung der bisherigen Para- meter wie Risikotragfähigkeit oder Anlage- horizont startet die Nachhaltigkeitspräfe- renzabfrage“, erläutert er. Erklärt ein Anle- ger, dass ihm Nachhaltigkeit wichtig ist, muss er beantworten, ob er detailliertere Präferenzen festlegen möchte. Dafür sieht das Tool drei Optionen vor: eine hell-, eine mittel- und eine dunkelgrüne Fläche. Hinter den Farbflächen der Beratungs- software verbergen sich die drei Kategorien, die das sogenannte ESG-Zielmarktkonzept für die Empfehlung nachhaltiger Finanz- produkte festgezurrt hat. Entwickelt haben es die Branchenverbände der Fondsgesell- schaften (BVI), Banken (DK) und Zertifi- katehäuser (DDV). In der ersten Kategorie des Zielmarkt- konzepts finden sich Finanzprodukte, die nach Artikel 8 der Offenlegungsverord- nung eingestuft sind und zusätzlich die wichtigsten nachteiligen Auswirkungen auf Nachhaltigkeitsfaktoren (Principal Adverse Impacts, PAIs) berücksichtigen. Unter Nachhaltigkeitsfaktoren sind unter ande- rem Umwelt-, Sozial- und Arbeitnehmer- belange zu verstehen. Unter die zweite Kategorie – im Sparkas- sentool erscheint sie in Mittelgrün – fallen Produkte, die nachhaltige Investitionen im Sinne der sozialen und der Governance- Ziele gemäß Offenlegungsverordnung vor- Vielleicht noch eine Schattierung grüner? Maler gestalten die Farb- kompositionen ihrer Bilder völlig frei. Anlageberater sind dazu verpflichtet, ihre Kunden zu fragen, welchen Wert sie auf ein „grünes“ Depot legen. BANK & FONDS Nachhaltigkeitspräferenzabfrage 384 fondsprofessionell.de 3/2022 FOTO: © SYDA PRODUCTIONS | STOCK.ADOBE.COM
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