FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 3/2022

gibt es nur wenige. Bei Immobilieneigen- tum hilft sich der Markt mit entsprechen- den „Verpackungen“. „Möglich und gängig ist beispielsweise, die Anteile an einer Gesellschaft zu tokenisieren, die wiederum die Eigentümerin einer oder mehrerer Immobilien ist. Im Ergebnis partizipiert der Anleger auf diese Weise wirtschaftlich unmittelbar am Eigentum der betreffen- den Immobilie“, so Anwalt Bernau. Dessen ungeachtet ist der Defi-Markt aber derzeit noch ganz überwiegend von digitalen Kryptowerten ohne physischen Gegenwert dominiert. Anbieter in diesem Bereich sind Plattformen wie Binance, Gemini, Prime XBT oder Coinbase. Viele Risiken Ob „dezentral“ immer besser ist als die langweilige Welt der traditionellen Finanz- industrie, bleibt fraglich. „Mangels eines zentralisierten Bindeglieds in der Leistungs- kette gibt es auch keinen entsprechend auf- sichtsrechtlich zugelassenen und beaufsich- tigten Partner“, betont Bernau. „Die bisher von den regulierten Instituten wahrgenom- menen Leistungen werden vielmehr von programmierten technischen Protokollen automatisiert erbracht, und das rund um die Uhr.“Was so einfach klingt, birgt auch Nachteile: Die gegenwärtigen Angebote des dezentralen In- vestierens spielen sich weitest- gehend im nicht regulierten Rahmen ab. Für nicht gut auf- geklärte private Anleger kann sich dieser Umstand als proble- matisch erweisen und insbe- sondere bei einer Defi-Anlage in digitale Kryptowerte zum Totalverlust führen. Und nicht überall,wo dezentral draufsteht, ist auch dezentral drin: „Die al- lermeisten Defi-Angebote sind tatsächlich noch nicht vollstän- dig dezentralisiert. Bestimmte Elemente in der Leistungskette werden immer noch überwie- gend von den hinter dem jeweiligen Pro- jekt stehenden Initiatoren gesteuert“, gibt Rechtsanwalt Bernau zu bedenken. Defi-Plattformen mit Kryptoangeboten sind insbesondere Verbraucherschützern ein Dorn im Auge. „Werben Anbieter zu- sätzlich zur Beteiligung an Kryptowerten noch mit Zinserträgen, setzen sich die An- leger auf ein doppeltes Pulverfass“, meint Niels Nauhauser, Abteilungsleiter Finanzen bei der Verbraucherzentrale Baden-Würt- temberg. „Neben dem Kursrisiko tragen sie dann noch ein Emittentenrisiko, weil Erträ- ge nur über das Verleihen von Kryptower- ten erzielt werden können. Bei einer Pleite des Schuldners oder bei einem Ausfall eventuell gestellter Sicherheiten droht der Totalverlust – auch dann, wenn die Krypto- werte selbst an Wert gewinnen.“ Der Verbraucherschützer ist generell kein Freund der digitalenWährungen. „Wir raten von einer Geldanlage in Kryptowerten grundsätzlich ab. Sie besitzen keinerlei in- neren Wert.Wer hier Geld investiert, erhält nur Codes. Verliert man das Speichermedi- um oder wird die Plattform gehackt, droht der Totalverlust.“Anders als etwa Gold ver- fügen Kryptowerte auch nicht über eine langjährige Historie, aus der man ein vali- des Rendite-Risiko-Profil ableiten könnte. „Die kurzfristigen enormen Preisschwan- kungen belegen vielmehr, dass die Werte rein spekulativ sind, sie bieten weder einen Schutz gegen Inflation noch laufende Er- träge, noch taugen sie als Krisenwährung“, sagt Nauhauser. „Schließlich kann auch niemand ausschließen, dass Bit- coins und andere Kryptowerte eines Tages wertlos sind.“ Die Existenzberechtigung von Banken sieht Nauhauser durch Defi nicht gefährdet: „Solange Verbraucher den Bedarf haben, Zahlungen zu tätigen, Geld anzulegen, fürs Alter vorzusorgen oder mittels Krediten Investitionsvorhaben zu finanzieren, wird es Institute geben, die Lösungen für diesen Bedarf anbieten. Daran ändert auch eine neue Technologie nichts.“ Sie erweitere lediglich den Instrumentenkasten, der zur technischen Umsetzung Aufstieg und Fall Volumen des weltweiten Defi-Marktes Total Value Locked (etwa „festgelegtes Kapital“) meint den Gesamtwert aller Krypto-Assets, die in Defi-Protokollen gesperrt sind. Quelle:DefiLlama 0 40 80 120 160 200 240 2022 I 2021 I 2020 I 2019 I Mrd.USD Total Value Locked » Man kann hier die Zukunft des Kapital- marktes schon heute im Kleinen betrachten. « Philipp Sandner, Frankfurt School BANK & FONDS Decentralised Finance 398 fondsprofessionell.de 3/2022 FOTO: © SORYNA POWALKA

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