FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 3/2022

sicht sehen und Basisfunktionen wie Über- weisungen nutzen“, erläutert Geiseler. Für ältere Menschen wäre so eine über- sichtlichere Version enorm hilfreich. „Ne- ben einem reduzierten Funktionsumfang im Onlinebanking und den Apps wäre mit weniger Feldern, dafür größeren Schrif- ten sowie besseren Kontrasten und Farben schon viel gewonnen“, erklärt der Experte. „Oftmals genügen schon ganz einfache Lösungen, um das Angebot anzupassen.“ Mehrere Marken Eine genaue Kundenansprache könne so weit reichen, dass Banken unterschiedliche Marken ausspielen. Geiseler verweist dabei auf den Autobauer Volkswagen mit seinen Marken VW, Audi, Seat und Skoda. „Jede Marke bedient sehr unterschiedliche Grup- pen. Im Kern handelt es sich aber um das- selbe Auto“, erläutert Geiseler. „So etwas stelle ich mir auch für die Finanzdienstleis- ter vor.“ Eine Strategie mit mehreren Mar- ken ließe sich technisch bereits heute und mit relativ geringem Aufwand umsetzen. „Gewiss kosten solche Lösungen Geld“, räumt der Experte ein. Es gebe jedoch Soft- wareangebote am Markt, die unterschied- liche Versionen von Online- und Mobile Banking je nach Kundengruppe ausspielen können. „Auch wenn die Kernbanken- systeme in die Jahre gekommen sein mö- gen, lässt sich eine neue Software dort durchaus andocken“, berichtet Geiseler. Nichtsdestotrotz müssen Banken ältere Menschen mitunter selbst an die Hand nehmen. So bietet etwa die Hamburger Sparkasse Haspa in ihren Filialen Online- banking-Seminare speziell für Senioren. „Diese werden besonders rege nachgefragt“, berichtet Haspa-Vorstandssprecher Harald Vogelsang. Andere Institute verweisen wie- derum gern auf das Telefonbanking oder die SB-Automaten in den Filialen, wenn Kunden über keinen Netzzugang verfügen. Vorteil für die Ersten Die Bedeutung der Senioren als Kun- dengruppe wird jedenfalls zunehmen – allein wegen der demografischen Entwick- lung. Dass die Branche hier Lösungen fin- den muss, haben aber noch nicht alle Insti- tute erkannt. „Momentan ist der Druck auf die Banken noch nicht groß genug, dass sie ältere Menschen mit maßgeschneiderten Angeboten bedienen“, urteilt der Branchen- kenner. „Doch früher oder später wird ein Fintech diese Zielgruppe erkennen und passende Angebote entwickeln.“ Schlägt eine Bank jedoch früh diesen Weg ein, könne sie den Bonus als „First Mover“ ein- streichen und das Geschäft vielleicht sogar deutlich ausbauen – dank der zahlungs- kräftigen Senioren. SEBASTIAN ERTINGER FP Deutschland zieht mit Anteil der Onlinebanking-Nutzer an der Bevölkerung Beim Onlinebanking war Dänemark im Jahr 2020 EU-Spitzenreiter, Rumänien Schlusslicht. Deutschland rangierte im Mittelfeld. Quelle:Eurostat 0% 20% 40% 60% 80% 100% 2020 2015 2010 Dänemark Deutschland Rumänien 71 % 43 % 3 % 94 % 65 % 12 % Digitale Hochburgen Nutzungsverhalten von Bankkunden in Deutschland Überweisungen und Lastschriften nutzen die Deutschen beim digitalen Banking mit Abstand am häufigsten. Quelle:McKinsey-Umfrage2022 Hypothek Privatkredit Autokredit Kreditbedienung Fondskauf Auslandsüberweisung Versicherungsabschluss Kontoeröffnung Aktienkauf Zahlungsverkehr Lastschrift Inlandsüberweisung Anteil der rein digitalen Nutzung von Bankdiensten 58 % 55 % 29 % 15 % 11 % 11 % 9 % 7 % 4 % 4 % 3 % 1 % » Momentan ist der Druck auf die Banken nicht groß genug, dass sie ältere Menschen mit maßgeschneiderten Angeboten bedienen. « Oliver Geiseler, Capco BANK & FONDS Digitalisierung 412 fondsprofessionell.de 3/2022 FOTO: © ANNIKA LIST

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