FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 3/2022

Sollte ein solches Standardprodukt auf- gelegt werden, würde es Finanz- und Ver- sicherungsvermittlern aber einen Teil des Kuchens wegnehmen. Die Frage, ob ein staatlicher Fonds in der dritten Säule der Altersvorsorge private Produkte verdrängen oder möglicherweise sogar eine dominante Stellung auf dem Markt einnehmen würde, ist einer der wichtigsten Punkte, die wir prüfen müssen. Anleger haben sehr unterschiedliche Präfe- renzen, was das Risiko, den Anlagehorizont und die Art von Finanzprodukten angeht. Es ist es aus meiner Sicht sehr wichtig, dass Produktvielfalt und Wahlfreiheit erhalten bleiben. Daher sollte der Staat sich nicht in einen Verdrängungswettbewerb mit priva- ten Anbietern begeben. Man muss auch bedenken, dass für einen öffentlichen Fonds womöglich andere regulatorische Bedingungen und weniger Vorschriften gelten würden. Auch das ist ein relevanter Aspekt bei der Prüfung eines staatlichen Instruments. Wir wollen keine leistungs- fähigen, funktionierenden Marktstrukturen aufs Spiel setzen. Wie geht es mit der Riester-Rente weiter? Im Koalitionsvertrag ist nur ein Bestands- schutz verankert. Bedeutet dies, dass keine neuen Produkte mehr angeboten werden dürfen? Nein, nicht automatisch, die Zukunft der Riester-Rente ist offen. Wenn es gelingt, Riester so zu reformieren, dass solche Ver- träge wieder eine breitere Marktabdeckung erzielen, ist das gut. Es gibt aber viel Hand- lungsbedarf, denn die Produkte sind teilweise zu komplex und zu teuer. Der Wissenschaftliche Beirat des Bundesfinanz- ministeriums hat sich erst kürzlich in einer Stellungnahme dafür ausgesprochen, die vollständige Beitragsgarantie bei Riester-Ver- trägen zugunsten höherer Renditen abzu- schaffen. Wir haben nach dem Koalitions- vertrag aber auch zu prüfen, ob man nicht andere Produkte für die Altersvorsorge staatlich förderfähig gestalten könnte. Da- für müssten die Kriterien so angelegt wer- den, dass wir noch stärker die Bundesbür- ger erreichen, die eine Förderung brauchen und die bisher zu wenig für ihre Alters- vorsorge tun. Wir werden sehen, ob wir Riester reformieren, andere Produkte staat- lich fördern – oder beides. Kommen wir zu einer ganz anderen Reform: Die Finanzaufsicht Bafinmuss sich als Folge des Wirecard-Skandals derzeit neu aufstellen. Wie zufrieden sind Sie mit den bisherigen Ergebnissen des Verände- rungsprozesses? Ich nehme wahr, dass der Wirecard-Skan- dal für die Bafin ein Weckruf war. Unter der Führung des neuen Präsidenten Mark Branson sind viele Beteiligte in der Behör- de damit beschäftigt, frühere Defizite abzu- bauen. Die Bafin hat mit der neuen Fokus- aufsicht über komplexe, stark wachsende Unternehmen ein sehr gutes Instrument, um wirklich dorthin zu schauen, wo grö- ßere Risiken zu vermuten sind. Mit dem Aufseher-Cockpit wurde ein Instrument geschaffen, um über die einzelnen Ge- schäftsbereiche hinweg Daten zusammen- zuführen, auszuwerten und so fundierte Entscheidungen treffen zu können. Darü- ber hinaus ist auch insgesamt die Zusam- menarbeit der Exekutivdirektoren gestärkt worden, was ich sehr begrüße. Zudem bringt die Behörde ihre IT auf Vorder- mann. Es sind viele Verbesserungen ange- stoßen worden. Mark Branson und sein Team haben die volle Unterstützung des Bundesfinanzministeriums, diesen Prozess weiter fortzusetzen. Denn wir brauchen eine Aufsicht, die ausreichend Kenntnisse hat, die auf die richtigen Dinge schaut, die sich mit den wirklich großen Risiken ange- » Ich nehme wahr, dass der Wirecard- Skandal für die Bafin ein Weckruf war. « Florian Toncar, FDP FOTO: © MARTIN PETERDAMM 422 fondsprofessionell.de 3/2022 STEUER & RECHT Florian Toncar | FDP

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