FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 3/2022
neue Freibetrag auf irgendeine Art mit der Vorabpauschale in Einklang gebracht werden müssen, mit der Anleger seit dem Inkrafttreten des neuen Investmentsteuer- gesetzes im Januar 2018 die laufenden Erträge aus wiederanlegenden Sonderver- mögen versteuern. „Eine interessante Frage ist, wie künftig mit Mischfonds verfahren werden soll“, findet Ulf Knorr. Darüber ist im Eckpunk- tepapier nichts zu lesen. „Vorstellbar wäre, dass verschiedene Fondsarten in der Höhe gestaffelte Freibeträge bekommen“, sagt Knorr. Bei den steuerlichen Teilfreistellun- gen, die die Investmentsteuerreform mit sich gebracht hat, funktioniert ein solches Modell schließlich auch. „In Anlehnung daran könnten dann Aktienfonds den höchsten Freibetrag erhalten, Mischfonds einen etwas geringeren und reine Renten- fonds gar keinen“, so Knorr. Andere Steuer- experten wiederum sind eher der Ansicht, dass der neue Freibetrag einzig und allein Aktien und Aktienfonds vorbehalten sein wird und andere Fondstypen vermutlich gar nicht in den Genuss einer steuerlichen Erleichterung dieser Art kommen dürften. Zweiter Freistellungsauftrag Welche Regelung sich am Ende auch durchsetzen wird: Sobald sie da ist, sollten Anleger auf jeden Fall daran denken, bei ihrer Bank einen entsprechenden Frei- stellungsauftrag einzurichten. „Das ist ganz wichtig, denn den neuen Freibetrag erhal- ten sie zusätzlich zu ihrem Sparer-Pausch- betrag, die Bank braucht also einen geson- derten Auftrag“, sagt Knorr. Neben dem geplanten Freibetrag enthält das Eckpunktepapier für Anleger mit Aktien und Aktienfonds im Depot einen weiteren interessanten Punkt. Etwas ver- klausuliert heißt es dort auf Seite vier, die Rahmenbedingungen für Aktienanlagen sollen verbessert werden, indem der „gesonderte Verlustverrechnungskreis für Aktienveräußerungsverluste“ abgeschafft wird. Um zu verstehen, wo die Vorteile der geplanten Abschaffung liegen würden, ist es gut, erst einmal einen Blick auf die der- zeit geltenden Regelungen für die steuer- liche Verlustverrechnung zu werfen. „Verluste aus Kapitalvermögen werden verschiedenen Töpfen zugeordnet“, erklärt Experte Knorr. In diesen sogenannten Ver- lustverrechnungstöpfen führt jede Bank, bei der Anleger ein Depot haben, Buch über verschiedene Arten von Einbußen. In den ersten Topf werden Verluste aus dem Verkauf von Aktien, börsennotierten Im- mobiliengesellschaften (REITs) und Voll- risikozertifikaten mit Andienungsrecht ein- gebucht. Im zweiten Topf landen Verluste aus den meisten anderen Wertpapieranla- gen, auch aus Fondsverkäufen. Zudem gibt es zwei weitere Verrechnungstöpfe. „Alle Einbußen, die sich im zweiten Topf befinden, werden mit positiven Kapital- einkünften, so weit es geht, ausgeglichen“, erläutert Knorr. Gegen ein Minus aus der Veräußerung von Fondsanteilen etwa lau- fen also Erträge aus Verkäufen von Sonder- vermögen, aber auch Zinsen, Dividenden und Gewinne aus Anleihen- oder Aktien- veräußerungen. „Wer hingegen Aktien mit Verlust veräußert, darf diese Einbußen aus dem ersten Topf nicht mit Erträgen aus dem zweiten verrechnen“, weiß Knorr. Klingt unlogisch, ist unlogisch Gewinne mit Aktienverkäufen werden also zum Beispiel gegen Verluste aus Fonds- veräußerungen gerechnet, andersherum aber nicht? Das klingt unlogisch, und das ist es auch. „Die Unterscheidung der Ver- lustverrechnungstöpfe eins und zwei be- schäftigt aktuell auch den Bundesfinanz- hof“, erklärt Knorr. Wahrscheinlich wolle die Regierung sie nicht zuletzt aus diesem Grund nun angehen, vermutet er. Wie dem auch sei, für Fondsanleger, die auch Einzelaktien imDepot haben,wäre es natürlich vorteilhaft, wenn Verluste aus dem Verkauf von Aktien künftig gegen Gewinne aus der Veräußerung von Fonds gerechnet werden dürften. Lob von Verbänden Bei verschiedenen Branchenverbänden kommen die Pläne der FDP-Bundesminis- ter ebenfalls gut an. „Wir begrüßen, dass Aktien für alle interessanter werden sollen. Ziel ist es, mehr Menschen durch bessere steuerliche Bedingungen für die Aktien- anlage zu gewinnen“, erklärt etwa Christine Bortenlänger, geschäftsführende Vorständin des Deutschen Aktieninstituts (DAI). Auch der Deutsche Derivate Verband (DDV) findet lobende Worte für den Vor- stoß. Im Eckpunktepapier seien „gute Ansätze für eine modernere Wertpapier- kultur und einen gestärkten deutschen Kapitalmarkt“ zu erkennen, kommentiert Henning Bergmann, geschäftsführender Vorstand des DDV. So können Aktien hier- zulande eines Tages vielleicht tatsächlich etwas für Millionen sein – und nicht nur für Millionäre. ANDREA MARTENS FP » Eine interessante Frage ist, wie künftig mit Mischfonds verfahren werden soll. « Ulf Knorr, Ecovis fondsprofessionell.de 3/2022 427 FOTO: © ALEXANDER RUDOLPH
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