FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 4/2022

Anlegeröffentlichkeit geben darf. Das gilt aber nicht immer und grundsätzlich. „Es gibt in Krisensituationen Zeitpunkte, zu denen man – auch aus rechtlicher Sicht – noch nicht informieren kann. Man kann nicht zu jeder Zeit total transparent sein“, schränkt Friedrichs ein. Das kann beispiels- weise der Fall sein, wenn sich ein Unter- nehmen gerade in schwierigen Vertrags- verhandlungen befindet und an die Öffent- lichkeit gelangende Informationen einen Deal platzen lassen würden, der vielleicht die Rettung für das Unternehmen hätte sein können. Beichte Krisenkommunikation macht keinen Spaß, das ist klar. Aber sie kann – souverän geführt – zu einer Entlastung aller Betei- ligten beitragen. Erschreckende Informa- tionen mit den richtigen Kommunika- tionspartnern zu teilen, kann das Leid daran verringern. „Das ist wie bei der Beichte“, sagt Mansfeld. Nehmen wir an, der Alleinmieter einer großen Fondsimmobilie ist ausgezogen, und das Gebäude steht jetzt leer. Darüber hinaus ist zusätzliche Liquidität vonnöten, weil saniert werden muss und die finanzie- rende Bank schon angekündigt hat, den Kredit fällig zu stellen. „Darüber ist natür- lich möglichst offen zu informieren, über den allgemeinen Markt, über die spezielle Finanzsituation dieser Immobilie und über die Gründe des Auszugs“, zählt Friedrichs auf und empfiehlt, die Ursachen zu ermit- teln: „War das möglicherweise absehbar? Wer hat Fehler gemacht? Lag es am Asset oder am Property Management? Das sind alles Themen, die man dann klären muss.“ Selbstreflexion Allerdings, betont Mansfeld, müsse man sich auch selbst ehrlich prüfen, ob man einen Fehler gemacht hat: War meine Due Diligence ausreichend? Habe ich den Kun- den rechtzeitig mit allen relevanten Infor- mationen versorgt? „Wenn dem so ist, dann gibt es auch nichts, was das Unternehmen selbst betrifft, zu beichten und zu bereuen“, sagt Mansfeld. Wenn nicht, dann ist dennoch nicht gleich aller Tage Abend, weil ein hinläng- lich bekanntes Ritual zum Tragen kom- men kann. Fehlbarkeit und Absolution Ihm liegt die Erkenntnis zugrunde, dass wir als Menschen fehlbar sind, also machen wir Fehler. Wer dann jedoch selbstreflektiert und kritisch mit sich selbst ins Gericht geht und sich bei seinen Kunden aufrichtig um Aufklärung unter Darstellung der eigenen Verantwortung bemüht, schlägt jedenfalls schon mal die richtige Richtung ein. „Wer beichtet, bereut und Buße tut, dem kann Absolution nicht verweigert werden“, sagt Mansfeld. Das funktioniert nicht nur in der Kirche so, es ist auch ein wesentliches Element unserer weltlichen Gesellschaftsordnung: Ziel von Geständnis und Bestrafung ist immer auch die Resozialisierung. TILMAN WELTHER FP » Sobald wir selbst von den laufenden Ermitt- lungen gehört hatten, haben wir unsere Anle- ger auf unseren Kennt- nisstand gebracht. « Markus Sievers, Apano Case Study „Lichtmiete“ Am 8. Dezember 2021 durchsuchte die Staatsanwaltschaft Oldenburg Ge- schäftsräume der Deutschen Licht- miete, die ihr Geschäftsmodell, den Erwerb und die Vermietung von LED- Leuchtsystemen, wesentlich mit Mitteln finanzierte, die sie auf dem Kapitalmarkt über das Angebot von Direktinvestments und Anleihen akquirierte. Am Tag darauf informierte die Staatsanwalt- schaft die Öffentlichkeit per Pressemitteilung darüber, dass gegen vier Beschuldigte der Unter- nehmensgruppe ermittelt wird. Erst dann veröffentlichte auch die Deutsche Lichtmiete auf ihrer Homepage eine dürre Bestätigung der Umstände und beteuerte, „vollumfänglich mit den ermittelnden Behörden“ zu koope- rieren. Ein paar Wochen später verschwand diese Mitteilung klammheimlich wieder. Anleger wurden offiziell erst Monate später vom Insolvenzverwalter informiert. „Wir haben eini- gen Kunden Investments in Produkte der Deut- schen Lichtmiete vermittelt“, sagt Markus Sievers, Geschäftsführer beim Finanzdienstleister Apano. „Sobald wir selbst von den laufenden Ermittlun- gen gehört hatten, haben wir unsere Anleger auf unseren Kenntnisstand gebracht. Um sicherzu- stellen, dass ihnen keine rechtlichen Nach- teile während des Insolvenzverfahrens ent- stehen, haben wir einen Anwalt beauftragt, ein für unsere Kunden exklusives Sammelmandat zu betreuen. Der transparente Umgang mit schlechten Nachrichten hat das Vertrauen unserer Kunden in unser Unternehmen gestärkt und die Beziehungen vertieft.“ FOTO: © AXEL GAUBE SACHWERTE Krisenkommunikation 240 fondsprofessionell.de 4/2022

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