FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 4/2022
Gleichwohl ändern sich die Eigentums- verhältnisse. „Wir übernehmen stets die Mehrheit der Anteile, mindestens 70 Pro- zent“, sagt Lieber. Dies bringe Vorteile für die verkaufenden Gesellschafter mit. „Sie können für die verkauften Anteile einen attraktiven Barkaufpreis erzielen“, meint Lieber. Hinter Cinerius steht mit Summit Partners ebenfalls eine Private-Equity- Gesellschaft. Reger Austausch In Arbeitsgruppen würden sich die Part- nergesellschaften über Themen wie Regu- lierung, Compliance oder Personalmanage- ment sowie Vertrieb, Marketing und Digi- talisierung austauschen. „Wir als Dachge- sellschaft können für solche Themen auch interne und externe Expertise beisteuern, um die Gruppe zu unterstützen“, ergänzt Lieber. „Durch einen solchen Austausch entstehen Synergien.“ Die Vermögensverwalter wiederum schlüpften aus unterschiedlichen Motiven unter das Dach. So wollte sich bei Ringel- stein & Partner der Geschäftsführer auf das Portfoliomanagement konzentrieren und suchte einen zweiten Geschäftsführer sowie weitere Mitarbeiter. Cinerius half bei der Suche. BV & P Vermögen suchte einen Partner, um das erhebliche eigene Wachs- tum weiter voranzutreiben. „Bei Habbel, Pohlig & Partner stand die Nachfolgefrage an“, erläutert Lieber. „Bei VM Vermögens- Management entschied sich der bisherige Gesellschafter, ein Family Office, für den Verkauf der Anteile.“ Die Beispiele Lunis und Cinerius könn- ten eine Art Bahnbrecher in der Vermö- gensverwaltungsbranche sein. Gleichwohl ist nicht mit einer Flut von Übernahmen und Fusionen zu rechnen. „Ein Zusam- menschluss will gut überlegt sein“, betont Brandt. SEBASTIAN ERTINGER FP » Wir übernehmen stets die Mehrheit der Anteile, mindestens 70 Prozent. « Christoph Lieber, Cinerius Berechnungshilfe für die Unternehmensbewertung Welcher Wert wohnt einem Vermögensverwalter inne? Diese Frage stellt sich beim Verkauf eines Unternehmens, etwa um die Nachfolgefrage zu klären. Doch bei den Preisverhandlungen treten naturgemäß unterschiedliche Vor- stellungen zwischen Käufer und Verkäufer zutage. Das Institut für Vermögensverwaltung (InVV) der Technischen Hochschule Aschaf- fenburg bietet nun eine Orien- tierungshilfe. Professorin Antje Wendler entwarf eine Excel-Datei, mit der Vermögensverwalter den Wert ihres Unternehmens abschätzen können. Discounted-Cashflow-Verfahren: Wendler stützt sich auf gängige Bewertungsverfahren. Sie wählte die für die Branche am ehesten passen- den Ansätze und konzipierte im Excel-Formular Felder, in die Vermögensverwalter Kennzahlen ihres Unternehmens eintragen können. Daraus errechnet das Tool einen geschätzten Unter- nehmenswert. „Die Berechnung erfolgt über ein Gesamtbewertungsverfahren“, erläutert Wendler. „Ich wählte das Discounted-Cashflow-Verfahren in der Version des Equity-Ansatzes. Der Eigen- kapitalwert wird dabei direkt über die Zahlungen ermittelt, die an die Eigentümer fließen, denn Fremdkapital spielt bei Vermögensverwaltern meist keine Rolle.“ Beta-Faktor: Im ersten Schritt wird in der Excel-Datei ein Basiszins- satz eingetragen, auf den sich die weiteren Kalkulationen stützen. Zu- dem können eine Marktrisikoprämie sowie ein Beta-Faktor zum Markt gewählt werden. „Der Beta-Faktor ist schwierig zu ermitteln“, sagt Wendler. „Unabhän- gige Vermögensverwalter sind überwiegend nicht an der Börse notiert, und nur bei sehr wenigen Übernahmen sind die Transaktionsdetails öffent- lich bekanntgegeben worden.“ Aufgrund der Abhängigkeit der Einnahmen eines Vermögens- verwalters vom Marktverlauf empfiehlt Wendler den Faktor eins, andere Werte sind möglich. Kennzahlen: Im zweiten Schritt können dann Unternehmenskennzahlen wie das verwal- tete Vermögen, Provisionserträge sowie Aufwen- dungen wie Personalkosten und die Steuern ein- getragen werden. „Dabei lassen sich Wachstums- raten über die folgenden Jahre anpassen. Auch die Zahl der Mitarbeiter kann verändert und die Kosten je Mitarbeiter können aufgeschlüsselt werden“, führt Wendler aus. Die aus diesen Anga- ben berechneten Zahlungen zinst das Tool ab und berechnet denWert des Eigenkapitals. Dieser Wert kann auch je Firmenanteil ausgerechnet werden, abhängig von der Zahl der Anteile. Szenarioanalyse: „Daneben lässt sich in einer Szenarioanalyse der Unternehmenswert ab- hängig vom Laufzeitende des Plans und verschie- denenWachstumsraten ablesen“, ergänzt die Pro- fessorin. „Das Ergebnis beruht aber natürlich auf einigen Annahmen, etwa der Zinsentwicklung und den Wachstumsraten. Es sollte daher als Schätz- wert betrachtet werden.“ Daneben spielen zahlrei- che andere Faktoren eine Rolle, etwa die Qualität des für die Kunden verwalteten Vermögens. Das Tool kann unabhängig von einem Unternehmens- verkauf dazu dienen, Planungen in die Zukunft fortzuschreiben und den Geschäftsverlauf über verschiedenen Szenarien hinweg durchzutesten. FOTO: © UWE NÖLKE, EKATERINAVLADIMIROVA | ADOBE.STOCK.COM VERTRIEB & PRAXIS Konsolidierung 340 fondsprofessionell.de 4/2022
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