FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 4/2022

VomWert der Tradition Zu den ältesten Unternehmen Deutschlands zählen auch einige Banken und Versicherungen. Über Jahrhunderte haben sie sich am Markt gehalten. Was diese Institute erfolgreich macht. E s ist noch früh am Morgen, als Staats- anwältin Alina Behrens mit einem Tross von Ermittlern vor der Villa des Bankiers Alfred Freiherr von Hoppenheim auffährt. Der Verdacht: schwere Untreue bei seiner Kölner Traditionsbank. Auf den Durchsuchungsbeschluss, den Behrens ihm präsentiert, reagiert der Freiherr ganz gelas- sen. „Hören Sie mal“, sagt er. „Uns gibt es seit 1789. Wir haben Napoleon überlebt, Hitler und sogar die Treuhand. Glauben Sie, ausgerechnet Sie könnten uns ernsthaft gefährlich werden?“Wenig später droht der Kölner Hoppenheim-Bank die Insolvenz – sie wird verkauft. Diese Begebenheit hat sich so nie ereig- net. Es handelt sich um eine Szene aus dem Fernsehfilm „Der König von Köln“, der satirisch den Niedergang der Kölner Traditionsbank Sal. Oppenheim nach- zeichnet. Doch der Film und der Fall Sal. Oppenheim zeigen: Egal wie lang ein Un- ternehmen besteht, sich allein auf Tradition zu berufen reicht nicht aus. Andererseits ist Traditionsbewusstsein ein Wert, der dazu beiträgt, dass Unternehmen über viele Jahrhunderte bestehen bleiben. Und in der Rangliste der 50 ältesten Fir- men Deutschlands, die die Stiftung Fami- lienunternehmen herausgegeben hat, fin- den sich durchaus auch einige Geldhäuser. Die 1590 als Handelshaus gegründete Hamburger Privatbank Berenberg kommt an sechster Stelle. Das Bankhaus Metzler mit Sitz in Frankfurt belegt mit seinem Gründungsjahr 1674 Platz 17. Stabilität über Jahrhunderte „Über Jahrhunderte waren diese Unter- nehmen ein Stabilitätsanker“, sagt Stefan Heidbreder, Geschäftsführer der Stiftung Familienunternehmen, über die 50 Methu- salem-Firmen. Und sie seien es heute noch. Fragt sich nur, was solche Traditions- häuser auszeichnet.Wie schaffen sie es, sich jahrhundertelang erfolgreich zu halten? Vor allem aber: Welchen Stellenwert hat Tra- dition noch in einer Zeit, in der sich Tech- nologien, Kundenansprüche und Produkte rasant verändern? Schließlich können auch junge Unternehmen moderne Produkte und Dienstleistungen anbieten. „Absolut“, sagt Emmerich Müller, Vor- stand des Bankhauses B.Metzler seel. Sohn & Co. Die Produkte und Dienstleistungen einer jungen Bank müssten per se nicht schlechter sein als die eines knapp 350 Jah- re alten Instituts. „Aber wir sind ja nicht beim Tuchhandel stehengeblieben, sondern mussten unsere Geschäftsstrategie immer wieder an die Gegebenheiten anpassen, um zu überleben“, erklärt er. Dieser unter- nehmerische Weitblick und die jahrhun- dertelange Erfahrung seien von Vorteil. So haben Unternehmensgeschichte und -werte beim Bankhaus Metzler auch einen hohen Stellenwert. „Für die Mitarbeiter sind sie identitätsstiftend, sie wirken wie ein Kompass“, erklärt Müller. „Wir bieten ihnen daher regelmäßig Führungen und Vorträge zur Firmengeschichte an“, berichtet er. Zudem spielt die Familie bei der zweit- ältesten Bank Deutschlands eine Schlüssel- rolle. „Unser Bankhaus ist seit der Grün- dung zu 100 Prozent in Familienbesitz, und das wird so bleiben“, erklärt Müller. „Der Zusammenhalt der Familie ist neben der Geschäftsstrategie ein wesentlicher Fak- Blick in die Historie: die Geschäfts- führung und Angestellte des Bank- hauses Metzler 1916. Von links: Moritz von Metzler (Partner), Hugo von Metzler (Partner) und Stadtrat Albert von Metzler (Partner). VERTRIEB & PRAXIS Traditionsunternehmen 374 fondsprofessionell.de 4/2022 FOTO: © BANKAUS METZLER

RkJQdWJsaXNoZXIy ODI5NTI=