FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 4/2022
Geschlossener Immobilienfonds ist keine sichere Altersvorsorge BGH, 19. 11. 2009, Az. III ZR 169/08 Nur drei Wochen später fällte der BGH erneut ein wichtiges Urteil zu geschlossenen Immobilienfonds. In diesem Fall hatte ein Ehepaar 1997 über eine nicht näher bezeichnete Gesellschaft Anteile an der „D. Beteiligung Objekt - W. DLF 97/22 - W. F. – KG“ erworben, die mit einer sicheren Ausschüttungsquote von sie- ben Prozent jährlich der Altersvorsorge die- nen sollte. Ab dem vierten Quartal 1999 verringerten sich die Ausschüttungen deut- lich; die Ehefrau klagte wegen Fehlbera- tung und bekam vom BGH recht. „Wenn das Anlageziel eine sichere Geldanlage zur Altersvorsorge ist, ist ein geschlossener Im- mobilienfonds, selbst wenn ein Totalver- lustrisiko nicht besteht, für den konkreten Anleger nicht geeignet“, erläutert Renner das Urteil. Eine solche Empfehlung verletze die Pflicht zur „anlegergerechten“, auf die persönlichen Verhältnisse und Anlageziele des Kunden zugeschnittene Beratung. „Soll gemäß dem Anlageziel des Kunden eine si- chere Geldanlage getätigt werden, so kann die Empfehlung einer unternehmerischen Beteiligung wegen des damit regelmäßig verbundenen Verlustrisikos schon für sich genommen fehlerhaft sein“, so der Jurist. Geschlossener Immobilienfonds als „ergänzende“ Altersvorsorge BGH, 8. 7. 2010, Az. III ZR 249/09 Der BGH befasste sich dann 2010 er- neut mit der Frage, ob geschlossene Immobilienfonds zur Altersvorsorge geeignet sein können, und modifizierte sei- ne Rechtsprechung leicht. Es ging es um einen Anleger, der 1999 auf Anraten seines Beraters Anteile an einem geschlossenen Immobilienfonds gezeichnet hatte. Der Fonds geriet in der Folgezeit in wirtschaft- liche Schwierigkeiten, und der Anleger musste Verluste hinnehmen: Er klagte, machte Beratungsfehler geltend und be- kam recht, da Immobilienfonds für eine sichere Altersvorsorge ungeeignet seien. „Wenn das Anlageziel aber nicht eine siche- re Geldanlage zur Altersvorsorge ist, son- dern eine ergänzende Altersvorsorge, dann kann ein geschlossener Immobilienfonds, selbst wenn ein Totalverlustrisiko besteht, für den konkreten Anleger geeignet sein“, fasst Anwalt Renner die entscheidende Aussage in der Urteilsbegründung zusam- men.Das hänge aber jeweils vom Einzelfall ab, Pauschalbetrachtungen dürften hier nicht vorgenommen werden. » Der Berater muss bei Sachwertanlagen ohne Bafin-Prospekt mehr Aufklärungsarbeit leisten. « Udo Brinkmöller, BMS Rechtsanwälte P&R I: Totalverlustrisiko oder nicht? Unterschiedliche Urteile: Der Anlage- skandal um P&R gehört zu den größten der deutschen Geschichte. Einige Urteile, die im Zuge der Aufbereitung des Skandals gefällt wurden, sind für Vermittler von Sachwertinvestments generell aufschlussreich. Dazu zählen jene zur Frage, ob bei Containerinvestments ein Total- verlust möglich und damit ein entsprechender Hinweis des Beraters erforderlich ist – hier sind sich die Gerichte nämlich uneinig. Pro Totalverlust: Das OLG Düsseldorf ur- teilte in einem Prozess gegen eine Bank (3. Februar 2022, Az. 6 U 36/21) aus einer Reihe von Erwägungsgründen, dass ein Totalverlustrisiko besteht beziehungsweise die Anlage in jedem Fall ein Kapitalverlustrisiko aufweist – ähnlich das LG Klever am 4. Februar 2022 (Az. 3 O 180/20). Darauf hätte der Berater hinweisen müssen. „Die Übergabe eines Angebotes mit Beispielrechnung und des Kauf- und Verwaltungsvertrages reichen zur Aufklärung nicht aus, da dort keine Risiken genannt sind“, so Anwalt Marc Gericke. Ein wei- terer Risikoaspekt ist, ob die Anleger tatsächlich Eigentümer der gezeichneten Container waren. Das OLG Düsseldorf äußert zumindest Zweifel daran und meint, dass die beratende Bank die Frage der Erlangung des tatsächlichen Eigentums selbst hätte prüfen müssen. Contra Totalverlust: Genau entgegen- gesetzter Meinung war zuvor das OLG Mün- chen (Urteil vom 13. Juli 2020, Az. 8 U 2610/20): „Über ein Totalverlustrisiko ist bei Containerinvest- ments gerade nicht aufzuklären, da die nach dem Anlagemodell verbleibenden – abstrakt-theoreti- schen – Risiken für einen Totalverlust deutlich geringer als bei Immobilienfonds mit zirka 50 Prozent Fremdkapitalquote wären, für die der BGH eine solche aufklärungspflichtige Gefahr im Hinblick auf den Sachwert der Immobilie verneint hatte“, fasst Gericke das Urteil zusammen. Ebenso sah es das OLG Hamburg (Urteil vom 12. Mai 2021, Az. 1 U 22/20). Zudemmeint das OLG München dem Anwalt zu- folge, dass die Eigentumsfrage an den Containern eine schwierige und ungeklärte Rechtsfrage sei, die ein Anlagevermittler nur unter Inanspruch- nahme sachkundiger Hilfe (Rechtsgutachten) ab- klären könnte. Dazu sei er nicht verpflichtet. fondsprofessionell.de 4/2022 447 FOTO: © BMS RECHTSANWÄLTE
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