FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 1/2023

Liegenschaftszinssätze Der Liegenschaftszinssatz ist eine Kenn- zi er, die die Rentabilität einer – wohl- gemerkt vermieteten – Immobilie angibt, also im Ertragswertverfahren zum Einsatz kommt. Vereinfacht ausgedrückt wird sie berechnet, indemman die Jahresnettomie- te durch den Kaufpreis für die Immobilie teilt. Der Kehrwert davon ist der Ein- oder Verkaufsfaktor, der angibt, aus wie vielen Jahresmieten der Ein- oder Verkaufspreis einer Immobilie besteht. Zum Beispiel impliziert der Faktor 20 einen Immobilien- preis in Höhe der 20-fachen Jahresmiete, was eine Renditekennzi er von fünf Pro- zent ergibt. Genau genommen werden aber beim Ertragswertverfahren das Grund- stück und die darauf errichtete Immobilie getrennt betrachtet. Der Ertragsanteil für Grund und Boden muss folglich vom Mietertrag abgezogen werden, und zwar mit dem Liegenschaftszins als Faktor. Senkt man den Liegenschaftszins, dann sinkt der abziehbare Betrag, und der Immo- bilienwert steigt. Bei Mietwohngrund- stücken wurde bisher mit einem Liegen- schaftszins von fünf Prozent gearbeitet, wenn nicht der lokale Gutachterausschuss in seinem Marktbericht einen anderen Wert auswies. Das Jahressteuergesetz senkt nun diesen Zinssatz von fünf auf 3,5 Pro- zent, was die Immobilien teurer macht, für die im Gutachterausschuss kein Wert vor- gegeben ist. „Die Anpassung des Liegen- schaftszinssatzes im Ertragswertverfahren ist den gestiegenen Immobilienwerten der vergangenen Jahre geschuldet. Da wäre möglicherweise bald wieder in die andere Richtung anzugleichen“, sagt Klöpping. Mögliche Auswirkungen „Viele Erben von Mehrfamilienhäusern werden gezwungen sein, diese zu verkau- fen, was zu einer Konzentration des Woh- nungsbestands bei größeren Anbietern führen kann“, gibt Hans-Joachim Beck, Rechtsberater Steuern beim Immobilien- verband Deutschland IVD, zu bedenken. Zu einer ähnlichen Einschätzung kommt Marian Kirchho von der Deut- schen Teilkauf: „Einfamilienhäuser könn- ten vermehrt auf den Markt kommen, da Erben die steuerlichen Verp ichtungen nur aus den Verkaufserlösen stemmen können.“ Allerdings relativiert er sogleich die Möglichkeit, dass die Preise zurückge- hen könnten, denn dazu sei die Nachfrage einfach noch zu groß. TILMAN WELTHER FP Wie der Fiskus Immobilien teurer rechnet Drei verschiedene Verfahren zur Immobilienbewertung im Vergleich In der Regel geben die Immobilienmarktberichte der lokalen Gutachterausschüsse anwendbare Ver- gleichswerte vor. Dann gilt das Vergleichswertverfahren. Quelle:BundesministeriumderFinanzen, Immobilienscout24 Bewertungs- verfahren Anwendungs- bereich Methode Änderungen und Erbschaftsteuerrelevanz Sachwert- verfahren Selbst genutz- te Eigentums- wohnungen, Ein- und Zwei- familienhäuser Rechnerische Methode. Der Sachwert leitet sich aus den tatsächlichen Herstellungskosten einer Immobilie abzüglich der Wertminderungen ab. Neu: Einbezug eines Regional- faktors; Gesamtnutzungs- dauern bei verschiedenen Immobilien werden verlängert, die sogenannten Wertzahlen werden erhöht. Ertragswert- verfahren Vermietete und verpachtete Immobilien Wertermittlung auf der Basis bisher erwirtschafteter Erträge. Neue Maßgaben zur Ermittlung von Bewirtschaftungskosten und Liegenschaftszinssatz. Vergleichs- wertver- fahren Wohnimmo- bilien, sofern Vergleichswerte vorliegen Ermittlung des Werts einer Immobilie mithilfe von erzielten Kaufprei- sen ähnlicher Objekte. Das Vergleichswertverfahren ergab bisher regelmäßig die höchsten Immobilienwerte. Die Änderungen der beiden anderen Verfahren sollen eine Annäherung ermöglichen. Hans-Joachim Beck, IVD Immobilienverband Deutschland: „Einfamilienhäuser könnten vermehrt auf den Markt kommen.“ Marian Kirchhoff, Deutsche Teilkauf: „Viele Erben können die steuerlichen Verpflichtungen nur aus den Verkaufserlösen stemmen.“ SACHWERTE Vererbung von Immobilien 206 fondsprofessionell.de 1/2023 FOTO: © RETO KLAR | IVD, DEUTSCHE TEILKAUF

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