FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 1/2023
kapitals zum Wert des Unternehmens, das die Immobilien hält, dargestellt werden. „Wenn der Aktienkurs einbricht, dann steigt der Verschuldungsgrad“, sagt Rochdi und veranschaulicht: „Wenn Sie für jeweils 50 Euro Fremdkapital 50 Euro Eigenkapi- tal an der Börse haben und der Börsenwert sinkt um die Hälfte, dann steigt der LTV von ein halb auf zwei Drittel.“ Durch die Abhängigkeit der Immobi- lienaktien vom allgemeinen Börsengesche- hen kann dadurch ein erhöhtes Leverage- Risiko eintreten, ohne dass sich an den im- mobilienwirtschaftlichen Eckdaten etwas geändert hätte. Allerdings bleibt das Risiko einigermaßen theoretisch, wenn das Unter- nehmen nicht gerade in Verhandlungen über die Aufnahme neuen Fremdkapitals steckt. Denn so lange die bestehenden Kredite aus demCash ow der Bestandsim- mobilien bedient werden können, ändert sich in der Wirtschaftlichkeitsbetrachtung nichts. „Und das ist die eigentlich entschei- dende Frage“, betont Rochdi. „Ist das Unter- nehmen auch dann noch in der Lage, seinen Kapitaldienst mittel- und langfristig zu decken, wenn die Zinsen steigen?“ Weil bei der Preis ndung für Aktien Zu- kunftserwartungen sehr schnell eingepreist werden, reagieren Immobilien- aktien sensibler als nicht gelis- tete Immobilien. Die Preis- korrekturen auf den Büro-, Häuser- und Wohnungsmärk- ten nehmen sich entsprechend klein aus gegenüber den star- ken Auswirkungen, die sie auf den Markt der Immobilien- aktien hatten. Einsteigen oder nicht? Auch wenn sich in den letz- ten Monaten eine Erholung abzeichnete, sind Immobilien- aktien immer noch niedrig bewertet. „Die Abschläge bei- spielsweise von Wohnimmo- bilienaktien auf ihren inneren Nettovermögenswert sind weiterhin sehr hoch“, sagt Hagen Ernst, Researcher beim Vermögensverwalter DJE Kapital, und stellt dem gegenüber: „Es fehlen derzeit mehr als 700.000 Wohnungen. Vor allem in ge- fragten Ballungszentren ist die Wohnungs- suche schwierig, und es werden immer weniger Wohnungen gebaut. Steigende Zinsen und die Erhöhung der Baukosten um aktuell plus 17 Prozent haben zu einem Einbruch bei Neubauprojekten geführt.“ Für Rochdi und Ernst stehen die Zeichen daher auf Einstieg. Aufwärtstrend, Abwärtsspirale Dominikus Wagner, Portfoliomanager des Wagner & Florack Unternehmerfonds, sieht das kritisch. Er hat die Bilanzen gro- ßer Wohnungsbestandshalter analysiert und rät von einem Engagement ab. Seiner Einschätzung nach sind börsennotierte Immobilienaktien ein Produkt des jahr- zehntelangen Aufwärtstrends am Häuser- und Wohnungsmarkt, die aber rückläu ge Preise strukturell nicht verkraften würden. „Bei vielen Immobilienaktien löst ein Preis- rückgang am Immobilienmarkt eine Ab- wärtsspirale aus, die möglicherweise nicht mehr aufzuhalten ist“, sagt Wagner. Allein durch die jahrzehntelange konti- nuierliche Aufwertung ihrer Bestände habe sich das bilanzielle Anlagevermögen man- cher Wohnungsbestandshalter – und zwar ohne Berücksichti- gung von Zukäufen – nahezu verdoppelt. Allein dadurch, so seine zentrale Kritik, waren die Unternehmen oft erst in der Lage, ein positives Nachsteuer- ergebnis ausweisen und eine Dividende ausschütten zu kön- nen, während in ihrem Kern- geschäft Verluste an elen. Kurzfristig können die nied- rigen Bewertungen ein speku- latives Engagement rechtferti- gen. Langfristig müssen jedoch auch die börsenunabhängigen, rein immobilienwirtschaftli- chen Eckdaten stimmen. TILMAN WELTHER FP » Bei vielen Immobilien- aktien löst ein Preisrückgang am Immobilienmarkt eine Abwärtsspirale aus. « Dominikus Wagner, Wagner & Florack Kurzfristig klafft’s Performance börsennotierter und privater Immobilieninvestments In langfristiger Perspektive gleichen sich die Entwicklungen börsennotierter und nicht börsennotierter Immobilieninvestments an. Quelle:BloombergaufBasisvon IndizeszuUS-REITsundUSODCEFunds | Stand:31.12.2022 -20 % -15 % -10 % -5 % 0 % 5 % 10 % 15 % 20 % 25 Jahre annualisiert 2022 Immobilienaktien Nicht gelistete Immobilien 9 % 8 % 8 % -20 % SACHWERTE Immobilienaktien 210 fondsprofessionell.de 1/2023 FOTO: © ACHIM HEHN | WAGNER & FLORACK
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