FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 1/2023
Amtsgerichten etwa halbiert – auf 25.000 Eingänge. Es scheint so, als wollten die Menschen sich weniger lang dauernd vor Gericht streiten. Wie ist es denn umdie Kompromissbereit- schaft auf beiden Seiten bestellt? Sie ist sehr ausgeprägt. Die Versicherer sind grundsätzlich zur Abhilfe und zum Entge- genkommen bereit, wenn der Ombuds- mann gute Gründe ins Feld führt. Auch die Kunden lassen sich nach entsprechen- der Erläuterung der Sach- und Rechtslage meist auf einen Vergleich oder Schlich- tungsvorschlag ein. Weniger kompromiss- bereit sind die Lebensversicherer beim ewi- gen Widerrufsrecht. Hier ist eine erfolg- reiche Schlichtung mitunter schwierig. Ein Drittel der Beschwerden ist meist unzulässig. Wann ist das der Fall? Ein typischer Fall ist, wenn dem Beschwer- deführer die Verbrauchereigenschaft fehlt und er sich auch nicht in einer ver- braucherähnlichen Lage be ndet. Für Be- schwerden von Gewerbetreibenden und Selbstständigen gegen Versicherer sind wir nicht zuständig. Bei den unzulässigen An- trägen geht es auch um Beschwerden von Dritten, die keinen eigenen Anspruch aus einem Versicherungsvertrag haben, oder umAnträge, bei denen der Anspruch noch nicht beim Versicherer angemeldet wurde. Schließlich betreffen manche Schlichtungs- anträge die private Kranken- und P egever- sicherung, die aber eine eigene Schlich- tungsstelle, den PKV-Ombudsmann, instal- liert hat. Unzulässig sind auch Beschwer- den über Versicherer, die nicht Mitglied in unserem Trägerverein sind. Das betrifft rund 15 Prozent der unzulässigen Be- schwerden. Derzeit haben wir aber fast 300 Mitgliedsunternehmen und decken damit über 90 Prozent des deutschen privaten Versicherungsmarktes ab. Mit welchem Erfolg gehen zulässige Be- schwerden in der Regel aus? Die Erfolgsquote der zulässigen Beschwer- den lag 2021 in der Lebensversicherung bei 29,7 Prozent, bei allen anderen Sparten im Schnitt bei rund 45 Prozent. Unter Er- folg verstehen wir all das, was den Kunden vollständig oder zum Teil den gewünsch- ten rechtlichen oder wirtschaftlichen Vor- teil bringt.Dazu tragen auch Abhilfen oder Teilabhilfen durch den Versicherer bei. Warum haben Sie die Lebensversicherung gesondert erfasst? In der Lebensversicherung gibt es be- stimmte Besonderheiten. Es handelt sich in der Regel um lang laufende Verträge, die in großer Zahl sozusagen glatt durchlaufen. Wenn dann die Ablau eistung beanstandet und überprüft wird, erweist sich vieles als grundsätzlich in Ordnung. Vereinfacht ausgedrückt lässt sich sagen, dass das Bean- standungspotenzial bei diesen Verträgen nicht ähnlich hoch ist wie in den meisten anderen Sparten. In welchen Sparten gibt es traditionell den meisten Streit, und lässt sich da nicht prophylaktisch etwas ändern? Die meisten Schlichtungsanträge werden seit Jahren in der Lebensversicherung und in der Rechtsschutzversicherung gestellt. Es » Die Versicherer sind grundsätzlich zum Entgegenkom- men bereit, wenn der Ombudsmann gute Gründe ins Feld führt. « Wilhelm Schluckebier, Versicherungsombudsmann FOTO: © MARTIN PETERDAMM fondsprofessionell.de 1/2023 243
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