FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 1/2023
(LVRG) im Jahr 2014 hat sich aber einiges geändert. Durchgesetzt wurden damals niedrigere Abschlusskosten bei der Vermitt- lung von Lebensversicherungen. Seither dürfen die Anbieter in ihrer Bilanz statt wie zuvor vier Prozent maximal 2,5 Pro- zent der Beitragssumme als Grundvergü- tung ansetzen. Allerdings ist es den meisten Anbietern gelungen, trotz des gesenkten Höchstzillmersatzes das Provisionsniveau aufrechtzuerhalten, indem sie höhere Cour- tagen aus dem Reingewinn entnehmen. Provision in der Diskussion Bisher wurde das LVRG nicht evaluiert, doch die Diskussion um Provisionsdeckel oder Provisionsrichtwerte hält bis heute an. Jüngstes Beispiel: Mit dem Entwurf des „Merkblatts zu wohlverhaltensaufsichtlichen Aspekten bei kapitalbildenden Lebensver- sicherungen“ (siehe auch Seite 436) macht die Ba$n Druck auf die Provisionshöhe, obwohl die Ampelkoalition solche Markt- eingri e gar nicht plant und auch die europäische Versicherungsaufsicht EIOPA „Beratung und Betreuung vor Ort und über die Laufzeit als einen besonderen, nicht monetären Wert für den Kunden sieht, der auch höhere Kosten verursachen kann“. Die Ba$n überlegt außerdem, hohe Abschlussprovisionen an angemessene qua- litative Kriterien zu knüpfen. Der Ausgang der Ba$n-Konsultation ist o en. Vermittlerverbände laufen gegen den Entwurf Sturm, zumal die Aufsicht über die unabhängigen Vermittler gar nicht bei der Ba$n liegt. Dennoch sind die Versiche- rer gut beraten, die Debatte nicht mit Son- dervergütungen anzuheizen. Die Ba$n hat bereits im Vorjahr die Kosten bei Fonds- policen genauer analysiert. Im Blickpunkt waren dabei indirekt auch Sondervergü- tungen, nämlich Kickbacks an Vermittler: So kassiert die DVAG nicht nur Provisio- nen vom Versicherer Generali Leben, son- dern erhält eine zusätzliche Vergütung von der DWS, deren Fonds in vielen Policen stecken. De facto ist dies eine zusätzliche Vertriebsvergütung, die tendenziell die Kos- ten des Vertrags erhöht. „So kann Kunden ein falscher Eindruck von der Gesamthöhe der Abschlusskosten vermittelt werden“, mahnt die Ba$n, ohne bislang einzuschrei- ten (siehe FONDS professionell 2/2022, Sei- te 292). Hans-Peter Schwintowski, Rechts- professor an der Berliner Humboldt-Uni- versität, rät Vermittlern, auf Vergütungen dieser Art zu verzichten. Nach Paragraf 18 der Versicherungsvermittlungsverordnung sind sie schließlich dazu verp ichtet, ange- messene Maßnahmen zu tre en, um Inter- essenkon ikte zu vermeiden. „Uns liegen jedoch keine Anhaltspunkte für weit verbreitete Fehlanreize und geset- zeswidrige Interessenkon ikte beim Ver- trieb von Lebensversicherungen vor“, sagt Michael H.Heinz, Präsident des Bundesver- bandes Deutscher Versicherungskau eute (BVK). „Die Namen der wenigen Ausrei- ßer bei den Provisionen sind den Entschei- dern bekannt“, so Heinz weiter, der auf „problematische Usancen von Strukturver- trieben“ verweist. Der Verband setze sich gegenüber den Versicherern schon länger dafür ein, qualitative Leistungen stärker zu berücksichtigen. Schließlich sollten Ver- gütungsmodelle nicht nur kurzfristigen Erfolg honorieren, sondern eine qualitativ hochwertige Beratung und Betreuung der Kunden. „Auch sollten Zusatzvergütungen nicht allein an quantitative Ziele geknüpft werden“, warnt Heinz. Er sagt aber auch: „Um die Ausreißer zu sanktionieren, braucht es keine neuen Regeln.“Ordnungs- politisch reiche es, wenn die Ba$n nach Paragraf 48a VAG die Vertriebsvergütungen der Versicherer bewerte und darauf hinwir- ke, dass deren Vertriebe im bestmöglichen Interesse des Kunden handelten. Bafin-Rundschreiben „Fehlanreize können sich ergeben, wenn die Höhe der Provision für den individuel- len Vertragsabschluss an das Erreichen von Verkaufsvolumina (Absatzziele) innerhalb eines bestimmten Zeitraumes geknüpft wird“, heißt es im Ba$n-Rundschreiben 11/2018 für den Vertrieb. Entsprechendes gelte für Bonuszahlungen oder sonstige Vorteile oder Anreize im Sinne der Ver- triebsvergütung. „Solche Zusatzvergütun- gen sollten auch von dem Erreichen quali- tativer Ziele, etwa Storno- oder Schaden- quote, abhängig gemacht werden“, betont die Finanzaufsicht in dem Rundschreiben, das sich insbesondere an den hauseigenen Vertrieb der Versicherer richtete. Doch was gilt nun für Makler? „Versiche- rer dürfen keine Vergütungsanreize setzen, die der P icht der Vermittler und Unter- nehmen, im bestmöglichen Kundeninter- esse zu handeln, zuwiderlaufen“, erinnert Norman Wirth, Partner der Kanzlei Wirth Rechtsanwälte,mit Verweis auf Paragraf 1a VVG. Besagtes Ba$n-Rundschreiben be- nennt als Anreize nicht nur Zuwendungen unmittelbar an den Versicherungsvermitt- ler, sondern „wirtschaftliche Vorteile jegli- » Versicherer dürfen keine Vergütungsanreize setzen, die der Pflicht, im bestmöglichen Kun- deninteresse zu han- deln, zuwiderlaufen. « Norman Wirth, Wirth Rechtsanwälte fondsprofessionell.de 1/2023 257 FOTO: © BETTINA STRAUB | WIRTH RECHTSANWÄLTE
RkJQdWJsaXNoZXIy ODI5NTI=