FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 1/2023
Hans-Jürgen Lembicz, der Vorstandssprecher der Volksbank Euskirchen, über die verheerende Flutkatastrophe im Juli 2021, gesprengte Geldautomaten und die Frage, was eine Bankenfusion mit einer Ehe gemeinsam hat. M it rund zwei Milliarden Euro Bi- lanzsumme gehört die Volksbank Euskirchen zu den mittelgroßen Genossen- schaftsbanken in Deutschland. Das Kredit- institut, das am nördlichen Rand der Eifel beheimatet ist, kämpfte in den letzten zwei Jahren insbesondere mit Herausforderun- gen jenseits des Bankgeschäfts. FONDS professionell traf Vorstandssprecher Hans- Jürgen Lembicz zum Gespräch. Herr Lembicz, dass wir uns heute hier in Ihrem Büro in der Hauptstelle der Volks- bank Euskirchen treffen können, ist nicht selbstverständlich. Erst Ende Januar die- sen Jahres sind Sie wieder in diese Räum- lichkeiten gezogen. Grund war die Hoch- wasserkatastrophe im Juli 2021, die diese Region und auch Ihre Zentrale schwer getroffen hat. Wie geht es Ihnen dabei? Hans-Jürgen Lembicz: Es kommt das Gefühl auf, wieder nach Hause zu kommen. Dies bestätigen uns auch unsere Mitarbeiter. Nachdem die ganze Innenstadt von Euskir- chen über utet war, konnten wir unsere Hauptstelle 18 Monate nicht mehr nutzen. Zwischenzeitlich waren das Vorstandssekre- tariat, einige Abteilungen und meine Wenigkeit nach Zülpich ausgelagert, jetzt haben wir wieder kürzere Wege. Einige Mitarbeiter schickten wir auch ins Home- o ce, durch Corona waren sie ja bereits darin „trainiert“. Insgesamt gab es vier von der Flut überschwemmte Zweigstellen, in- klusive der Hauptstelle. Die Filiale in Bad Münstereifel war besonders stark betroffen. Wie hielten Sie den Bankservice während dieser Zeit aufrecht? Wir waren in Euskirchen, das immerhin Kreisstadt ist, über ein Jahr lang die einzige Bank, die überhaupt in der Innenstadt ver- treten war. Vor unserer Hauptstelle stand ein Truck für die Standardbankgeschäfte. Die Kunden waren dafür sehr dankbar. Im Truck gab es auch Beraterzimmer, was aber den Bedarf bei Weitem nicht decken konn- te. Zum Glück konnten wir in der Nähe vom ADAC über 500 Quadratmeter Büro- äche anmieten. Dort siedelten wir Kredit- und Anlageberater und die Marktfolge an. Wir waren die Einzigen hier, es gab keine Arztpraxen mehr, und ein ganzes Röntgen- zentrum ist buchstäblich abgesoffen. Die gesamte Innenstadt war betroffen, es war eine Katastrophe. Auch Menschen kamen zu Tode: Ich weiß von drei Personen, die in einer Tiefgarage ertrunken sind. Eine Gas- tronomin wollte nur kurz ihr Fahrrad ins Haus holen, sie wurde dann von den Fluten mitgerissen und überlebte das leider nicht. Nach der Flut besuchte ich eine Woche lang all unsere Filialen und sprach mit den Mitarbeitern. Einige Kollegen hatten Traumata, weil sie beispielsweise sahen, wie ein Nachbar ertrunken ist.Diese Zeit hat uns geprägt, aber wir sind als „Wir waren ein Jahr lang die einzige Bank vor Ort“ » Als das Wasser wieder zurückging, sah man das ganze Ausmaß der Katastrophe. « Hans-Jürgen Lembicz, Volksbank Euskirchen FOTO: © CORNELIS GOLLHARDT BANK & FONDS Hans-Jürgen Lembicz | Volksbank Euskirchen 414 fondsprofessionell.de 1/2023
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