FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 1/2023

Das Schlimmste, was irgendwann passieren kann, ist, wenn Menschen zu Schaden kommen. Mittlerweile geht mein erster Blick morgens nach dem Aufstehen auf das Handy, ob schon wieder einer unserer Automaten gesprengt worden ist. Nutzen manche Banken die Sprengungen auch als Argument, die Bargeldversorgung, die ja auch kostenintensiv ist, zurückzu- fahren? Damit fielen Kosten für Transport, Befüllung und Versicherung weg. Wir analysieren genau, wie sich die Auto- maten rentieren. Unsere Automaten instal- lieren wir natürlich da, wo genügend Traf- c – also Kundenverkehr – ist. Dabei ver- dienen wir insbesondere an den Fremd- gebühren. Das aktuelle Automatennetz möchte ich gern erhalten.Denn ohne Ban- komaten geht es nicht. Die Deutschen lie- ben ihr Bargeld immer noch. Ihr Haus ist fusionserfahren. Erst im Jahr 2021 gingen Sie mit der Volksbank Düren und der Volksbank Fischenich zusammen. Mittlerweile reicht Ihr Geschäftsgebiet von Aachen und Düren über Köln-Junkersdorf bis nach Rheinland-Pfalz. Warum diese vielen Fusionen? Und welche Synergien konnten Sie nutzen? Bei unseren insgesamt acht Fusionen ha- ben wir immer einen Sonderweg beschrit- ten. Wenn ein kleineres Institut aus der Nachbarbarschaft den Regulierungsdruck zu spüren bekam und der Vorstand sich dem Rentenalter näherte, dann suchten wir diese Nische. Das ist ein geschäftspoli- tischer Ansatz unseres Hauses. Das System, eigentlich atypisch für eine Fusion, lief im- mer gleich ab.Wir haben der Bank gesagt: „Wir nehmen euch die Regulatorik ab, Vor- aussetzung ist, dass Ihr bei uns andockt. Und von euch kommt niemand in den Vorstand. Wir versprechen euch, wir sind fair: Ihr behaltet eure Kompetenz und eure Arbeitsplätze vor Ort, und es gibt auch kei- ne betriebsbedingten Kündigungen.“ An dieses Versprechen halten wir uns immer und bauen damit Vertrauen auf.Wenn die aufzunehmende Bank es möchte, behält sie auch ihren Namen. So gibt es beispielswei- se bei unserem Institut noch die Zweig- niederlassung Volksbank Rureifel sowie die Zweigniederlassung Raiffeisenbank Jun- kersdorf. Dadurch behalten die Institute und auch die Mitarbeiter ihre Identität. Wichtig ist, dass kein Wort an die Öffent- lichkeit kommt, bevor alles unter Dach und Fach ist. Was passiert, wenn Ihr künftiger Partner nicht so vertraulich agiert? Die Vertraulichkeit setzen wir voraus, denn wir möchten im Vorfeld nichts zerreden. Wenn dies nicht der Fall ist, sind die Kun- den und – viel schlimmer noch – die Mit- arbeiter verunsichert. Dann brechen wir die Verhandlungen ab. Steht die nächste Fusion schon in den Startlöchern? Unser Modell stößt natürlich irgendwann an seine natürlichen Grenzen, weil es nicht mehr so viele kleinere Genossenschafts- banken in der Region gibt. Wobei wir auch schon Sprungfusionen hatten, also über das Geschäftsgebiet eines anderen Instituts hinweg. Und bei gleich großen Banken würde sich ja vieles ändern. Gene- rell sind wir aber für Gespräche offen. Es kommt insbesondere auf eine ähnliche Mentalität und Philosophie an. Eine Fu- sion unterscheidet sich von einer Ehe nur in einem Punkt: In der Ehe ist man am Anfang sehr verliebt und alles ist rosarot. Aber das Verliebtsein gibt es bei Banken- » Bei unseren insgesamt acht Fusionen bestritten wir immer einen Sonderweg. « Hans-Jürgen Lembicz, Volksbank Euskirchen VITA: Hans-Jürgen Lembicz Hans-Jürgen Lembicz, Jahrgang 1962, begann 1980 seine Ausbildung zum Bankkaufmann bei der Volksbank Euskir- chen – und stieg über die Jahre bis zum Vorstandssprecher auf. Der diplomierte Bankbetriebswirt verantwortet die Bereiche Markt, Vertrieb und das Marketing. Zudem fallen die Dezernate Personal- und Personalentwicklung sowie das Kreditgeschäft in seinen Aufgabenbereich. FOTO: © CORNELIS GOLLHARDT BANK & FONDS Hans-Jürgen Lembicz | Volksbank Euskirchen 416 fondsprofessionell.de 1/2023

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