FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 1/2023

tiemonster gescha en, das einzig die Ban- ken besser absichert“, schimpft Quirin-Chef Karl Matthäus Schmidt. „Sie haben die Kosten ausgewiesen – wenn der Kunde die umfangreichen und oft unverständlichen Unterlagen nicht liest, ist er selbst schuld.“ Jedenfalls gibt mehr als jeder zweite Bank- kunde zu Protokoll, keine Vorstellung davon zu haben, wie hoch die Provision bei Anlagegeschäften ist (siehe Gra k). Käme es zu einem Provisionsverbot,wür- den der Umfrage zufolge nur 33 Prozent der Befragten ein Honorar zahlen wollen. 40 Prozent würden gar keine Beratung mehr in Anspruch nehmen. „Diese Zahl ist erschreckend, überrascht mich aber überhaupt nicht“, sagt Schmidt. „Das ist das Ergebnis der jahrelangen Lobbyarbeit der Provisionsindustrie, die immer wieder halt- los behauptet hat, dass kein Mensch sich die unabhängige Beratung gegen Honorar leisten könne.“ Stundenhonorare von 150 Euro und mehr könnten Kleinanleger zwar tatsächlich nicht zahlen, räumt der Quirin- Chef ein, aber: „Honorare werden heute längst überwiegend prozentual abgerech- net.Wer wenig anlegt oder wenig spart, der zahlt auch nur wenig Honorar.“ Es geht auch ohne Interessanterweise argumentieren zwei Consultants ähnlich, die nicht im Verdacht stehen, einseitig für die Honorarberatung zu trommeln. Es sei richtig, dass Vergütungsmodelle mit Stun- densatz selbst bei wohlhaben- deren Kunden auf wenig Ak- zeptanz stoßen, schreiben Max Biesenbach und Sonia King von der Unternehmensbera- tung Simon-Kucher & Partners in einer Analyse. „Ein Großteil der Banken in Europa, die eine erfolgreiche Transformation zu einem bestandsprovisionsfreien Geschäftsmodell gemeistert haben, monetarisiert Beratung aber über eine laufende (monatliche/quar- talsweise/jährliche) Gebühr, die der Kunde direkt an die Bank bezahlt und deren Höhe als Prozentsatz vom angelegten Ver- mögen bemessen wird. Dadurch bezahlen Kleinanleger automatisch weniger als wohlhabende Kunden, es entstehen keine hohen Einmalkosten, und der Preis wird somit in der breiten Masse deutlich besser akzeptiert.“ Würden die Banken heute schon beginnen, solche Angebote für ver- schiedene Kundensegmente aufzubauen, würde ein Provisionsverbot auch „nicht zu einer Unterversorgung von Kleinanlegern“ führen, so die beiden Consultants. Schleichender Tod? Auch Markus Lange, Partner der Rechts- anwaltskanzlei Baker Tilly in Frankfurt, wundert sich mitunter über die Diskus- sion. Dass Kunden nicht so einfach für Stundensätze zu begeistern sind, sei jeden- falls kein zwingendes Argument gegen ein mögliches Verbot der provisionsbasierten Beratung. Er verweist nicht nur auf depot- wertbezogene Gebührenmodelle in der Anlageberatung, sondern auch auf die Finanzportfolioverwaltung, für die seit 2018 bekanntlich keine Zuwendungen der Produktanbieter mehr ießen dürfen. Außerdem weist Lange auf ein in der Branche nach wie vor verbreitetes Missver- ständnis hin: „Es gibt bereits ein Provisions- verbot“, betont er. Dieses gelte schon seit der Umsetzung der ersten EU-Finanzmarkt- richtlinie 2007. Seither ist die Annahme von Provisionen grundsätzlich verboten – und nur noch in Ausnahme- fällen erlaubt. Mit Mi d II im Jahr 2018 wurden die Anforde- rungen an die dafür geforderte „Qualitätsverbesserung“ dann verschärft. Wer weiß, vielleicht läuft die Diskussion ja Brüssel-typisch auf einen Kompromiss hinaus: Komplett verboten werden Zu- wendungen zwar nicht, aber die Hürde wird so hoch gelegt, dass Banken und Finanzvertrie- be freiwillig auf Gebührenmo- delle umsteigen, die den schlei- chenden Tod der Provision bedeuten. BERND MIKOSCH FP Viele Ahnungslose Geschätzte Provisionshöhe bei der Geldanlage* Für die meisten Bürger bleibt die Provision trotz aller Transparenz ein Rätsel. *RepräsentativeUmfrage inDeutschland imFebruar2023,1.096Teilnehmer Quelle:QuirinPrivatbank,PlusMarktforschung 0 % 20 % 40 % 60 % 80 % 100 % Laufende Provision (jährlich) Abschluss- provision (einmalig) Keine Vorstellung Etwa 0,5-1% Etwa 1-2% Etwa 2-5% 51 % 53 % 23 % 23 % 20 % 13 % » Ein Provisionsverbot würde die Kosten für Anleger deutlich senken und zugleich mehr Transparenz schaffen. « Sebastian Külps, Vanguard fondsprofessionell.de 1/2023 435 FOTO: © CHRISTOPH HEMMERICH

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