FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 1/2023

Faule Eier gesucht Ein Provisionsdeckel oder auch -richtwert für Lebenspolicen ist vom Tisch. Die Bafin versucht daher, die hohen Vertriebskosten mit neuen Vorgaben einzudämmen. Dafür erntet sie herbe Kritik. D ie Bankenwelt schaut derzeit gebannt nach Brüssel. Die EU-Kommission denkt zumindest intensiv über ein Provi- sionsverbot in der Anlageberatung nach (siehe auch den vorhergehenden Artikel auf Seite 434). Von einem Provi- sionsverbot für kapitalbilden- de Versicherungen ist keine Rede – zumindest noch nicht. Eingri e in die Ausgestaltung der Cour- tage drohen aber seitens der Finanzaufsicht Ba n, die Ende Oktober 2022 den Entwurf eines „Merk- blatts zu wohlverhaltens- aufsichtlichen Aspekten bei kapitalbildenden Lebensversi- cherungsprodukten“ vorlegte. Die Behörde plant zwar keinen Provisionsdeckel oder gar ein -verbot. Die teilweise sehr hohen Kosten, insbe- sondere die Vertriebsvergütungen, von Lebens- und vor allem von Fondspoli- cen sind den Aufsehern aber ein Dorn im Auge, schließlich schmälern sie die Renditen der Policen erheblich. Laut einer Analyse von Anfang 2022 gibt es Lebensversicherer, deren Kosten für die meistverkauften fondsgebundenen Produk- te über vier Prozent betragen. Abgesehen von diesen Ausreißern liegen die Kosten je nach Laufzeit auch im Schnitt deutlich über zwei Prozent (siehe Tabelle nächste Seite). Mit den im Merkblatt beschriebe- nen Maßnahmen möchte die Ba n diese Ausreißer mittels Befugnissen durch das Versicherungsaufsichtsgesetz einfangen – und so ein Provisionsverbot verhindern. „Wenn wir es noch nicht einmal scha en, Exzesse in der Provisionsgestaltung ange- messen einzudämmen, dann ist aus meiner Sicht der Branche nicht mehr zu helfen“, sagte Frank Grund, Ba n-Exekutivdirektor für die Versicherungsaufsicht, Anfang Fe- bruar auf dem Versicherungstag der „Süd- deutschen Zeitung“. „Wenn das jetzt nicht klappt, dann kann man europäischen Argumenten kaum noch etwas entgegen- halten“, ließ er sich weiter zitieren.Was aber steht eigentlich genau in dem Entwurf des Merkblatts, das die Branche bis 15. Januar kommentieren konnte – das nale Schrei- ben stand zum Redaktionsschluss noch aus. Und wie reagie- ren die Verbände? Kundennutzen Das Merkblatt um- fasst im Wesentlichen drei Themenbereiche, und zwar Vorgaben zum Produktfreigabeverfahren und zur Vermeidung von Fehlanreizen bei der Ver- triebsvergütung sowie Erläute- rungen zu einem „risikoorien- tierten Aufsichtsansatz“. Im ersten Teil des Merkblatts stellt die Behör- de unter anderem klar, was sie von den Versicherungsanlageprodukten erwar- tet: „Ein angemessener Kundennutzen bei Produkten zur Altersvorsorge setzt zumin- dest voraus, dass die Produkte mit hinrei- chender Wahrscheinlichkeit eine Rendite nach Kosten erzielen, die über einer be- gründeten langfristigen In ationserwar- tung liegt (‚realer Anlageerfolg‘). Ein Wert von zwei Prozent für die In ationserwar- tung ist als geeignet anzusehen.“Dreh- und Angelpunkt hierbei sind die E ektivkosten. » Die Bafin überschreitet ihre Kompetenz und be- gibt sich in die Rolle des Ersatzgesetzgebers. « Norman Wirth, AfW Bundesverband Wer gefärbte Ostereier kauft, läuft Gefahr, auch mal ein schlechtes zu erwischen – zu einem zu hohen Preis. Ähnliche Probleme bei Lebenspolicen versucht die Finanzaufsicht Bafin mithilfe eines Merkblatts zu lösen. STEUER & RECHT Bafin-Merkblatt 436 fondsprofessionell.de 1/2023 FOTO: © UMA | STOCK.ADOBE.COM

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