FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 1/2023
„Jedes Szenario wird für einen Zeitraum von einem Jahr berechnet sowie für die jeweils empfohlene Haltedauer des Fonds“, erklärt Bernhard Bittner, Partner in der Financial Services Consulting Practice der Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsge- sellschaft EY. Bei einem Aktienfonds etwa wären dies fünf Jahre. „Das Stress-Szenario wird wie in der ersten Fassung des PRIIPs-BIB nach der Cornish-Fisher-Methode ermittelt, da sich gezeigt hat, dass diese hier zu realistischen Werten führt“, sagt Bittner. Bei den drei weiteren Szenarien hingegen hat der euro- päische Gesetzgeber auf eine neue Metho- de umgestellt. Dies soll vermeiden, dass es wie in den ursprünglichen PRIIPs-BIBs häu g zu unangemessen positiv dargestell- ten Performanceentwicklungen kommt. Die neue Methode „Bei der neuen Methode handelt es sich um eine historische Betrachtungsweise“, so Bittner. „Dabei schaut man sich die Kurs- entwicklung eines Fonds in den vergange- nen zehn Jahren an“, erklärt er. Der Gedan- ke dahinter ist, dass es in einemZehnjahres- zeitraum immer einmal zu einem Crash kommt. Von der historischen Entwicklung des Fonds werden dann die Zukunftsszena- rien abgeleitet. Dies führt zu realistischeren Prognosen, als das mit der alten Cornish- Fisher-Methode häu g der Fall war. Ist ein Sondervermögen noch keine zehn Jahre amMarkt, dürfen Asset Manager für die fehlende Zeit Vergleichswerte wie Benchmarks heranziehen. „Bei einem euro- päischen Aktienfonds könnte das zum Beispiel der Eurostoxx 50 sein“, sagt Bittner. Als zweite Möglichkeit dürfen Proxies, also Entwicklungen von Stellvertreter-Finanz- instrumenten, herangezogen werden. Mit diesen Daten wird die Performance des Fonds sozusagen nach hinten „aufgefüllt“. Was Vermittler verwirren kann, ist die Tatsache, dass es, je nachdem wie lang ein Fonds am Markt ist, zu unterschiedlichen Berechnungsweisen für die drei Szenarien „günstig“, „neutral“ und „ungünstig“ kommt. Dass zwischen zwischen Proxies und Benchmarks gewählt werden kann, macht die Sache auch nicht einfacher. „Ohnehin wünschen sich Anleger oft die alte, rein vergangenheitsbezogene Per- formancedarstellung zurück“, weiß Ham- mer. Diese können sie bei den meisten Fonds auch nach wie vor sehen, zwar nicht direkt im BIB, denn dort dürfen nur noch die neuen Performanceszenarien aufge- führt werden. „Viele KVGen geben aber ganz unten im Infoblatt einen Link an, der zu ihrer Website führt“, weiß Hammer. Und dort sind die historischen Daten dann zu sehen – ein kleiner Schlenker im jüngs- ten Wachwechsel. ANDREA MARTENS FP » Einige Gesellschaften hatten sich bis zum 1. Januar noch nicht mit den Anforderungen aus PRIIPs beschäftigt. « Sebastian Höft, Fondsdepot Bank Neuer Risikoindikator: Der SRI und was er verändert Der bisherige Indikator: Bis zum 31. De- zember 2022 hatten Kapitalverwaltungsgesell- schaften (KVGen) die Risikostufe für jeden Fonds anhand des Synthetic Risk and Reward Indi- cators (SRRI) zu ermitteln. Die Kennzahl ordnete Sondervermögen je nach Schwankungsbreite einer von sieben Risikostufen zu. Die Fondsan- bieter mussten die SRRI-Stufe wöchentlich über- prüfen und gegebenenfalls in den wesentlichen Anlegerinformationen (Key Information Document, KID) anpassen. Das neue Schwankungsbarometer: Die PRIIPs-Verordnung sieht ein neues Risikobaro- meter vor, den Summary Risk Indicator (SRI). Dieser unterscheidet ebenfalls zwischen sieben Risikostufen. Er wird jedoch nach einer anderen Methode berechnet als der SRRI. KVGen müssen den SRI auch nur einmal pro Monat ermitteln. Die Risikobewertung: Anders als der bis- herige Indikator berücksichtigt der SRI neben dem Marktrisiko grundsätzlich auch das Bonitäts- risiko eines Produktgebers. Für offene Invest- mentfonds gibt es jedoch eine Ausnahme. Da die Einlagen ein Sondervermögen bilden, auf das die Bonität des Produktgebers keine Auswirkungen hat, wird der SRI wie zuvor der SRRI ausschließ- lich auf Grundlage des Marktrisikos bestimmt. Davon ausgenommen sind Garantiefonds. Andere Bandbreiten: Bei der Bestimmung des Marktrisikos gibt es erhebliche Unterschiede zwischen den beiden Risikomaßen. Damit erge- ben sich für den SRI pro Risikostufe deutlich brei- ter gefasste Bandbreiten, als das beim SRRI der Fall war. Niedrigere Risikoklassen: Experten zufol- ge hat die Verwendung des SRI dazu geführt, dass fast 95 Prozent aller offenen Investment- fonds nun einer geringeren Risikoklasse zuge- ordnet sind als zuvor. Zwar müssen freie Berater die Kunden nicht zwingend informieren, wenn ihre Fonds die Risikoklasse gewechselt haben. Das gilt zumindest, wenn sie keine laufenden Betreuungs- oder Servicevereinbarungen getrof- fen haben. Ein entsprechender Hinweis empfiehlt sich dennoch. Quelle:Fondsnet,FONDSprofessionell FOTO: © FONDSDEPOT BANK STEUER & RECHT PRIIPs 440 fondsprofessionell.de 1/2023
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