FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 2/2023

Leber: Wir haben seit vielen Jahren eine Kooperation mit der Agentur Imug, einem seit Langem am Markt aktiven und unab- hängigen Anbieter von ESG-Auswertun- gen und Nachhaltigkeitsratings. Die von demUnternehmen erstellten Daten sind in unser Portfoliomanagementsystem inte- griert und werden permanent aktualisiert. Wir haben aber auch einen direkten Zu- gang zu den Daten, sodass wir im Bedarfs- fall auch tiefer einsteigen können, um mehr über die Hintergründe eines be- stimmten Ratings zu erfahren. Heuser: Mussman sich das wie eine Ampel vorstellen, die demFondsmanager signali- siert, ob eine ausgewählte Aktie investier- bar ist oder eben nicht? Leber: Sehr stark vereinfacht kann man sich das so vorstellen. Wir arbeiten im Grunde mit drei Datentöpfen, die permanent in Bezug auf die Nachhaltigkeitsdaten zu Unternehmen aktualisiert werden. Das ist zum einen der Order-Server, über den die Transaktionen abgewickelt werden und die Anlagegrenzprüfung vorgenommen wird. Jeder Fondsmanager hat zudem Zugri auf unseren Value-Server, auf dem alle zu einzelnen Gesellschaften verfügbaren Da- ten zu Bilanzen oder auch CO 2 -Emissio- nen hinterlegt sind. Noch im Aufbau be ndet sich unser Nachhaltigkeits-Server mit allen relevanten Nachhaltigkeitskenn- zahlen und Ausschlusskriterien etc. Heuser: Wie gehen Sie mit dem Thema Stimmrechtsausübung und Engagement um? Leber: Aus unserer Sicht sind beide Aspekte von enormer Bedeutung.Der US-Ökonom Oliver Hart hat in einer seiner Arbeiten nachweisen können, dass die Mittel-Wir- kung-Beziehung von aktivem Engagement in Bezug auf Nachhaltigkeit deutlich ausge- prägter ist als bei einer Strategie, die auf Desinvestition setzt. Denken Sie nur an die Te on-Skandale in den USA.Würde ich als Anteilseigner darauf hinwirken, dass eine Te onfabrik gar nicht erst gebaut wird, wirkt das sehr viel nachhaltiger, als nur die entsprechende Aktie aus dem Portfolio zu verkaufen. Kölsch: Wie handhabt Ihre Gesellschaft das Thema Engagement konkret? Leber: Wir haben unsere Stimmrechtspolitik bei dem Stimmrechtsberater ISS hinterlegt. Mit diesen Vorschlägen üben wir unsere Stimmrechte auf Hauptversammlungen aus. Angesichts von Hunderten von Aktien, in die wir mit unseren verschiedenen Fonds investieren, wäre es wegen der Grö- ße unserer Gesellschaft viel zu aufwendig zu versuchen, das in Eigenregie zu über- nehmen.Wir würden zudem in vielen Fäl- len gar nicht ernst genommen, wenn es sich um größere Unternehmen oder gar Konzerne handelt. Dann wären wir ledig- lich ein Aktionär mehr, der nicht weiter vordringen würde als bis in die Abteilung Investor Relations. Kölsch: Wobei es durchaus auch kleinere Marktakteure hinbekommen, sich durch die Zusammenarbeit mit anderen Aktionären entsprechendes Gehör zu verschaffen. Leber: Das hört sich sehr gut an, aber am Ende muss ich Ihnen sagen: Ich bin kein Missionar,mein Job ist es, das Geld meiner Kunden so gut wie möglich zu verwalten. Daher beschränkt sich unser eigenes akti- ves Engagement in dieser Hinsicht auf viel- leicht fünf Prozent bei kleineren Aktien- gesellschaften, bei denen wir aufgrund der Höhe unserer Beteiligung auch wirklich die Aussicht haben, gehört zu werden. Heuser: Einen ganz eigenenWeg gehen Sie in Bezug auf die Neutralisierung von Treib- hausgasemissionen in Ihren Fonds. Was steckt dahinter? Leber: Als erste Fondsgesellschaft in Deutschland neutralisiert Acatis vollständig die Treibhausgasemissionen in ausgewähl- ten Fonds. Das geschieht über den einzig sicheren Weg, den CO 2 -Ausstoß insgesamt in Zukunft zu verringern, nämlich die Still- » Im Rückblick war es wahrscheinlich sogar von Vorteil, dass wir anfangs ziemlich allein auf weiter Flur standen. « Hendrik Leber, Acatis Investment MARKT & STRATEGIE Nachhaltig nachgefragt | Hendrik Leber | Acatis 110 fondsprofessionell.de 2/2023 FOTO: © CHRISTOPH HEMMERICH NACHHALTIG NACHGEFRAGT

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