FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 2/2023

Nach Jahren mit Null- oder gar Negativzinsen sieht Richard Woolnough von M&G wieder Potenzial an den Anleihenmärkten. Gleichwohl werden Notenbanken wie Investoren mit den Folgen der laxen Geldpolitik ringen, mahnt der Portfoliomanager. E inst zählte Richard Woolnough zu den besten und auch zu den best- bezahlten Portfoliomanagern Großbritan- niens. Die Niedrigzinsära machte dem Bondpro jedoch zu scha en. Der von Woolnough gelenkte M&G Optimal Income Fund, von dem in der Europäi- schen Union wegen des Brexit das Luxem- burger Pendant vertrieben wird, hinkte demMarkt hinterher.Doch nach der Zins- wende und dem sich aufhellenden Umfeld für Anleihen zeigt sich Woolnough im Interview sichtlich gut gelaunt. Herr Woolnough, Anleihen erlebten Jahre hoher Performance – bis 2022, als die Kur- se einbrachen. Hat der langjährige Bullen- markt der Bonds ein jähes Ende gefunden? Richard Woolnough: Anleihen befanden sich meiner Meinung nach nicht in einem Bul- lenmarkt. Denn in den vergangenen Jah- ren elen die Renditen auf null oder gar ins Negative. Dafür zu bezahlen, dass man jemandem Geld leiht, sehe ich nicht als Bullenmarkt. Das war ein sehr schwieriges Umfeld für Anleiheninvestoren. Diese Zeit ist nun jedoch vorbei. Wir Bondanleger erhalten endlich wieder Renditen. Mit Blick auf die Verluste des vergangenen Jahres: Können Renten noch eine Diversi- fikation für ein Portfolio leisten? Ein Anleihenfonds kann nunmehr wieder etwas bieten, was er lange Zeit nicht konn- te. Innerhalb eines Rentenportfolios wirken zwei Kräfte: Wenn die Wirtschaft schwä- chelt, fallen die Zinsen bei Staatsanleihen, und die Kurse steigen. Auf der anderen Seite steht das Bonitätsrisiko bei Unterneh- mensanleihen. Im Fall einer Wirtschafts- aute sinken hier die Kurse und die Ren- diten steigen. Innerhalb eines Bondport- folios existiert daher eine negative Korrela- tion. Diese war in Zeiten der Nullrendite nicht gegeben. Nun be nden wir uns in einem deutlich ausgewogeneren Umfeld. Die negative Korrelation ist zurück. Die hohe Teuerung wischt unterm Strich aber die Renditen von Bonds aus. Sicher zehrt die In ation an den Renditen. Doch das hängt von der Perspektive ab. Stellt man den kurzfristigen Teuerungs- raten die langfristigen Erträge gegenüber, erscheinen Anleihen gewiss nicht so attrak- tiv. Blickt man jedoch auf den langfristigen Verlauf der In ation, sieht das schon wieder anders aus. Infolge der Zinsanhe- bungen der Notenbanken werden sich die Teuerungsraten wieder dem langfristigen Wert von zwei Prozent annähern. Dem steht etwa in den USA ein Zinsniveau von gut vier Prozent gegenüber. In diesem Licht erscheinen Anleihen wieder als durchaus interessante Anlageklasse. Sie sind nicht supergünstig, aber sie bergen einen respektablen Wert. Genügen dieWerkzeuge der Notenbanken, um die Inflation zu zähmen? Wie nun offen zutage tritt, sind die Zen- tralbanken nicht rechtzeitig auf die Bremse getreten. Dafür steigen sie nun besonders kräftig in die Eisen. Dies ist die aggressivste Zinsanhebung der Fed seit Langem und die aggressivste der Europäischen Zentral- bank überhaupt. Die Geldpolitik wirkt „Wir Bondanleger erhalten endlich wieder Renditen“ » Dafür zu bezahlen, dass man jemandem Geld leiht, sehe ich nicht als Bullenmarkt. « Richard Woolnough, M&G FOTO: © NIKOLA NEVEN HAUBNER MARKT & STRATEGIE Richard Woolnough | M&G 168 fondsprofessionell.de 2/2023

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