FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 2/2023
Neue Kalkulation nötig Zwar sagen nur wenige, die Immobilienblase sei geplatzt. Aber der Vertrieb von Wohninvestments ist wegen großer Verunsicherung kein Selbstläufer mehr. Dabei ist die Branche voller Zuversicht. W ährend der coronabedingten Kri- senjahre erwies sich der Wohnim- mobilienmarkt als ausgesprochen stabil. Die Nachfrage nach Wohnraumwar unge- bremst hoch und spiegelte sich im zuneh- menden Investoreninteresse: 2021 wurde so viel Volumen auf dem deutschen Woh- nungsmarkt bewegt wie nie zuvor. 2022 kam die Wende. Der Ukrainekrieg sorgte für große Verunsicherung, und der steile Zinsanstieg machte nicht nur denen, die mit dem Erwerb einer Wohnimmo- bilie geliebäugelt hatten, einen Strich durch die Rechnung. „Obwohl wir in den vergangenen Jahren ja zahlreiche Krisenphänomene hatten, war der Vertrieb von Wohnungsinvestments davon lange nicht tangiert. Erst im Juli ver- gangenen Jahres stellten die Berater einen emp ndlichen Rückgang von Nachfrage und Umsatz fest. Bis Oktober haben die neuen Verhältnisse alle Vertriebe eingeholt“ sagt Jens Rautenberg, Geschäftsführer der Conversio-Gruppe, die sich auf die Bewer- tung von Wohnimmobilien als Kapital- anlage spezialisiert hat. Der Markt ver el Ende des Jahres 2022 in Schockstarre. Sonderkonjunktur vorbei „Die vergangenen Jahre hatten wir eine Sonderkonjunktur. Geld hat nahezu nichts gekostet, und in dem Maße, in dem die Zinsen jedes Jahr weiter gesunken sind, sind die Preise für Wohnimmobilien gestie- gen,“ erläutert Michael Peter, Gründer der P&P Group, einer Investmentplattform mit Schwerpunkt auf Wohnimmobilien. Auf dem Höhepunkt der Entwicklung zu immer noch günstigeren Finanzierungs- möglichkeiten gab es beispielsweise in guten B-Lagen in Bayern Einkaufsfaktoren von 32 und mehr. „Heute, da wir mit vier- einhalb Prozent nanzieren müssen, liegen die Preise eher wieder beim 25-Fachen, wir sprechen also von einem Preisrückgang von acht bis zehn Jahresmieten. Und das innerhalb von nur einem Jahr“, sagt Peter. Die „Sonderkonjunktur“ ist inzwischen also vorbei. Ungebrochen hoch und zu- mindest in städtischen Lagen weiterhin ansteigend ist jedoch die Nachfrage nach Wohnimmobilien, die die Preise stabil hält und perspektivisch klettern lässt. Nachfrage höher denn je „Bei Wohnraum im Allgemeinen haben wir einen dramatischen Unterschied zwi- schen Angebot und Nachfrage. Das wird sich auch in absehbarer Zeit nicht ändern“, sagt Fabian Henning, Vertriebsleiter beim Berliner Wohnungsprivatisierer Accentro. Das gilt vor allem für die städtischen Bal- lungsräume. Während der Corona-Pan- demie erschien vielen ein Rückzug aufs Land als eine attraktive Alternative. Man- gels Infrastruktur – fehlende Ärzte, keine Kindergärten oder Schulen und schlechte Verkehrsverbindungen – habe sich der Trend in der Praxis aber nicht durchsetzen können, erläutert Peter. » Man muss die Betrachtung der Dinge ein bisschen erweitern. « Jens Rautenberg, Conversio Der Schock der Zinswende brachte den Vertrieb von Wohnungsinvest- ments zum Erliegen. Wer sich auf die neuen Gegebenheiten einlässt, findet aber nach wie vor über- zeugende Argumente. SACHWERTE Wohnimmobilien 222 fondsprofessionell.de 2/2023 FOTO: © MARIO JAHN | STOCK.ADOBE.COM
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