FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 2/2023

§ Können Ruhestandsplaner und Gene- rationenberater ihren Kunden Verfü- gungen undVollmachten denn über Dienst- leister vermitteln? Die Rechtssprechung ist eindeutig und klar. Der Blick in das richtungweisende Ur- teil des Amtsgerichts Northeim aus dem Jahr 2017 zeigt es deutlich auf. In den Ent- scheidungsgründen heißt es, die Klägerin, eine vom Berater empfohlene Gesellschaft, habe Rechtsdienstleistungen im Sinne des RDG erbracht, ohne dass sie dazu berech- tigt war. Die gewünschten Vorsorgedoku- mente hatte sie zwar nicht selbst erstellt, sondern bei einem Rechtsanwalt in Auf- trag gegeben. Das Gericht kam aber zu dem Schluss, dass der Anwalt auf Seiten der Gesellschaft eingeschaltet war, um für sie die Hauptleistung zu erbringen. Im dem streitigen Vertrag sei nicht die Rede davon gewesen, dass die Gesellschaft ledig- lich als Vermittlerin auftritt. Selbst Juristen aus der Finanzdienstleistungswelt raten Fi- nanz- und Versicherungspro s davon ab, zu glauben, sie könnten sich hier ein zusätzli- ches Geschäftsfeld erschließen. Wer als Fi- nanzdienstleister trotzdemmeint, so vorge- hen zu müssen, sollte sich der Konsequen- zen bewusst sein, die drohen können. § Wie lautete das Urteil des Gerichts, und was folgt daraus für Berater? Den streitigen Vertrag sah das Gericht we- gen des Verstoßes gegen ein gesetzliches Verbot als nichtig an. Ist ein Vertrag nichtig, besteht natürlich auch keine Zahlungs- p icht mehr. Solche Rechtsstreitigkeiten können aber nicht nur dazu führen, dass ein Berater letzten Endes sein Honorar nicht bekommt, auch der Kunde ist für immer verloren – und der Ruf ist schnell ruiniert. Das kann auch schon passieren, wenn ein Mandant erkennt, dass er die ver- mittelte Dienstleistung an anderer Stelle deutlich günstiger bekommen hätte. § Wie können Berater ihren Kunden dann aber weiterhelfen, wenn diese Voll- machten oder Verfügungen benötigen? Sie können mit Rechtsanwälten oder No- taren kooperieren. Hat der Kunde nicht ohnehin schon einen Experten an der Hand, kann der Vermittler ihm die Namen von guten Spezialisten nennen. Auch kari- tative Träger bieten zum Thema Vollmach- ten und Verfügungen eine fachlich sehr gu- te Unterstützung, die sogar kostenfrei ist. Darauf kann der Berater natürlich hinwei- sen. Dafür bekommt er zwar kein Geld, hat aber einen sauberen Job gemacht und erhält sich eine gute Kundenbeziehung. § Darf er einen Kunden bei der Formulie- rung einer Vollmacht oder Verfügung zumindest unterstützen, bevor das Doku- ment von einem Juristen aufgesetzt wird? Ein ganz klares Nein! Die Schwelle zur Rechtsberatung ist sehr schnell überschrit- ten. Das gilt vor allem, wenn etwa Erklä- rungen und Empfehlungen zur Gestaltung im Einzelfall abgegeben werden. Kunden dürfen von ihren Beratern erwarten, das sie sich im Medizin-, Betreuungs- und Erb- recht gut auskennen. Beraten dürfen sie trotzdem nicht. Sie dürfen ober ächlich in- formieren und erklären, wo es Formulie- rungshilfen oder rechtssichere Mustervorla- gen gibt. Diese nden sich zum Beispiel kostenfrei bei den Justizministerien. § Was gilt, wenn der Kunde eines Bera- ters sein Testament aufsetzt und schon einmal in Erfahrung bringen möchte, wie hoch die Erbschaftsteuer sein wird, die auf seine Ehefrau oder die Kinder später zu- kommt? Berater sollten Kunden natürlich über die Freibeträge rund um die Erbschaftsteuer, Schenkungsteuer sowie die Versorgungs- freibeträge für Ehepartner und Kinder in- formieren. Ist eine Berechnung gewünscht, sollten sie den Kunden an einen Erbrecht- ler oder Steuerberater verweisen. § Darf ein Generationenberater oder Ruhestandsplaner wenigstens einmal überschlagen, wie hoch die Erbschaft- steuer ausfallen wird? Gegen eine grobe Überschlagsrechnung ohne jede Gewähr ist nichts einzuwenden. Ein Berater darf auch die steuerlichen Aus- wirkungen der von ihm empfohlenen Lö- sung vorrechnen. Das ist unproblematisch. § Welchen rechtlichen Ärger können sich Berater einhandeln, wenn sie unerlaub- te Dienstleistungen erbringen? Nicht jeder Kunde, der sich falsch beraten fühlt, zieht gleich vor Gericht. Kommt es aber zu einem Prozess und gelangen die Richter zum Schluss, dass der Berater eine Rechts- oder Steuerdienstleistung erbracht hat, die er nicht hätte erbringen dürfen, schnappt die Haftungsfalle zu.Mir ist nicht bekannt, dass unerlaubte Rechts- und Steu- erberatung zum Deckungsschutz der Ver- mögensschadenhaftp ichtversicherung ge- hört. ANDREA MARTENS FP » Berater können mit Rechtsanwälten und Notaren kooperieren. « Ulrich Welzel, Brain Active fondsprofessionell.de 2/2023 321 FOTO: © BRAIN ACTIVE

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