FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 2/2023

Beispiel an den PC des Verstorbenen, um zu prüfen, ob er Geld bei Onlinebanken angelegt hatte, kam es vor, dass Angehörige, die nicht zum Kreis der Erben zählten, versuchten, dies zu verhindern. Ihr Argu- ment: In der Cloud könnten sich auch sehr persönliche Dateien be nden, die den Testamentsvollstrecker oder die Erben nichts angehen. Das Facebook-Urteil „Im Juni 2018 hat der Bundesgerichtshof klargestellt, dass digitale Inhalte auf die Erben übergehen, auch wenn sie persön- licher Natur sind“, sagt Christian Pfa , Rechtsanwalt in der Kanzlei Dr. Berner & Partner Rechtsanwälte aus Berlin. Er hat die Klägerin in dem Prozess vertreten, über den schließlich das „Facebook-Urteil“ ent- schied (Az.: III ZR 183/17). In dem Fall ging es um ein 15-jähriges Mädchen, das von einer Berliner U-Bahn erfasst und tödlich verletzt worden war. Der Fahrer der U-Bahn verlangte von den Eltern des Mädchens Schmerzensgeld. Die Tochter habe ihren Tod absichtlich her- beigeführt und ihn dadurch geschädigt. Um besser nachvollziehen zu können, womit sich ihre Tochter in der Zeit vor ihrem Tod beschäftigt hatte, versuchten die Eltern, das Facebook-Konto des Mädchens einzusehen. Facebook hatte es jedoch be- reits in den Gedenkzustand versetzt, sodass die Eltern trotz vorhandener Zugangsdaten keinen Zugri hatten. Sie wollten aber für sich persönlich ausschließen, dass ihre Tochter sich das Leben genommen hatte, und möglichst auch die Schmerzensgeld- zahlung abwehren. Daher klagten sie ge- gen Facebook auf Zugang zum Konto der Tochter – und gewannen schließlich. „Das Urteil hat an der Gesetzeslage nichts geändert“, erklärt Pfa . Die General- norm für den Erbfall ist und bleibt Para- graf 1922 des Bürgerlichen Gesetzbuchs. „Die Karlsruher Richter haben aber Klar- heit darüber gescha en, dass digitale Inhal- te, egal ob sie vermögensrechtlicher oder persönlicher Art sind, immer auf die Erben eines Verstorbenen überzugehen haben“, sagt Pfa . Das Grundsatzurteil wurde inzwischen durch verschiedene weitere Gerichtsentscheidungen bestätigt. „Das bedeutet aber nicht, dass alle Inter- netprovider die Daten tatsächlich ohne Weiteres herausgeben“, weiß Herzog. Zu- weilen müssten Erben schon den Rechts- weg beschreiten, um an die gewünschten Inhalte zu kommen. In der Regel knickten die Beklagten im Lauf des Verfahrens zwar ein, aber eine Klage kostet Zeit, Geld und Nerven. „Zudem herrscht in anderen Ländern, etwa in den USA, eine andere Rechtslage, die im Erbfall durchaus zwi- Der digitale Nachlass findet mehr Beachtung Wenn ja, in welchen Bereichen? Nur gut ein Drittel der Befragten hat Zugänge zu Onlinefinanzkonten hinterlegt. Quelle:BitkomResearch (Umfrageunter356 Internetnutzern,die ihrendigitalenNachlass (teilweise)geregelthaben) |Stand:Dezember2021 Zugänge zu Diensten und Abos, z. B. Streaming, Gaming Zugänge zu Video- telefonie- Diensten Zugänge zu Online-Speichern oder Cloud-Diensten Zugänge zu E-Mail-Konten und Messenger-Diensten Zugänge zu online verwalteten Services (Bankkonten u. Ä.) Verbleib von Hardware Zugänge und PINs zu Geräten 68 % 45 % 33 % 26 % 17 % 8 % 5 % Haben Sie Ihr digitales Erbe geregelt? 40 Prozent der Internetnutzer hatten 2021 ihr digitales Erbe geregelt, 2017 waren es noch deutlich weniger. Quelle:BitkomResearch (Umfrageunter873 Internetnutzernab16Jahren) 0 % 5 % 10 % 15 % 20 % 25 % 30 % 35 % 40 % 2021 2019 2017 Ja, teilweise Ja, vollständig 16 % 24 % 13 % 18 % 9 % 9 % 40 % 31 % 18 % » Den eigenen digitalen Nachlass zu regeln ist keine Sache von fünf Minuten. « Christian Pfaff, Berner & Partner Rechtsanwälte SPEZIAL | VERFÜGUNGEN & VOLLMACHTEN Digitales Erbe 328 fondsprofessionell.de 2/2023 FOTO: © THOMAS ROSENTHAL | DR. BERNER & PARTNER RECHTSANWÄLTE

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