FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 2/2023

Richtig bevollmächtigen Patientenverfügungen und Vorsorgevollmachten sind Dokumente, die Betroffenen große Probleme ersparen können. Es gilt aber einiges zu beachten. Die Redaktion stellt wichtige Urteile vor. F inanzanlagen- und Versicherungsver- mittler sind für viele Kunden nicht nur in Vermögens- und Versicherungsfra- gen der erste Ansprechpartner, sondern auch bei Themen wie Patientenverfügun- gen und Vorsorgevollmachten. Vermittler dürfen zwar keine Rechtsberatung anbie- ten (siehe Seite 320), aber ein Hinweis, dass Kunden in gewissen Konstellationen Rat bei einem Anwalt suchen sollten, ist er- laubt.Damit Vermittler die Lage einordnen können: Der Gesetzgeber hat 2009 ein Gesetz zu Patientenverfügungen erlassen, Anfang 2023 folgten gesetzliche Reformen des Vormundschaftsrechts.Die Gesetze sind zum Teil die Folge von Gerichtsurteilen. Andere, vor allem neuere Urteile präzisie- ren die Gesetze. FONDS professionell hat sich bei Anwälten (siehe Kasten) nach den wissenswerten Gerichtsentscheidungen in diesem Bereich erkundigt. Die Experten nannten aus einer Vielzahl von Entschei- dungen mehr als 20 Urteile und Beschlüsse. Die Redaktion hat diejenigen ausgewählt, die von zwei oder allen drei Juristen ge- nannt wurden, sowie Entscheide des Bun- desgerichtshofs (BGH) und Urteile von Oberlandesgerichten (OLG). Die Urteile folgen in chronologischer Reihung. Patienten haben Recht auf Selbstbestimmung BGH, 13. 9. 1994, Az. 1 StR 357/94 Das älteste Urteil dieser Aufzählung ist fast 30 Jahre alt. Der Fall: Eine Frau war wegen irreparabler Hirn- schäden ein P egefall. Vormund war ihr Sohn. Weil keine Aussicht auf Besserung bestand, schlug ihr Arzt vor, den Tod her- beizuführen. Der Sohn stimmte zu. Das Vormundschaftsgericht stoppte die beiden. Der BGH hob dann eine Verurteilung we- gen versuchten Totschlags auf. „Bei einem unheilbar erkrankten, nicht mehr entschei- dungsfähigen Patienten kann der Abbruch einer ärztlichen Behandlung oder Maß- nahme ausnahmsweise auch dann zulässig sein, wenn die Voraussetzungen (…) für die Sterbehilfe nicht vorliegen, weil der Sterbevorgang noch nicht eingesetzt hat. Entscheidend ist der mutmaßliche Wille des Kranken“, so der BGH. Anwältin Simo- ne Uhlig weist darauf hin, dass der BGH an die Voraussetzungen für die Annahme eines mutmaßlichen Einverständnisses strenge Anforderungen stellte. Hierbei komme es auf frühere mündliche oder schriftliche Äußerungen des Patienten, seine religiöse Überzeugung, persönliche Wertvorstellun- gen oder die Lebenserwartung an. Ab einem gewissen Alter sollte jeder eine Patientenverfügung und eine Vorsorgevollmacht ausstellen. Wichtig ist jedoch, dass diese Dokumente auch wirklich den rechtlichen Vorgaben entsprechen. Die Anwälte Diese Juristen haben sich zu den im Artikel genannten Urteilen geäußert: Hartmut Göddecke Göddecke Rechtsanwälte, Siegburg Tel.: +49/2241/17 33-0 E-Mail: info@rechtinfo.de Tanja Unger Kanzlei Putz Sessel Soukup Steldinger, München Tel.: +49/89/189 47 39-0 E-Mail: kanzlei@putz-medizinrecht.de Simone Uhlig Rechtsanwaltskanzlei 4L Legal, Karlsruhe Tel.: +49/721/91 54 61-0 E-Mail: info@4l.legal SPEZIAL | VERFÜGUNGEN & VOLLMACHTEN Urteile 332 fondsprofessionell.de 2/2023 FOTO: © ROBERT KNESCHKE | STOCK.ADOBE.COM

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