FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 2/2023

an einer kognitiven Störung. Er erteilte einem Sohn eine notariell beurkundete General- und Vorsorgevollmacht. Diese widerrief er drei Jahre später und erteilte sie einem zweiten Sohn. Dagegen legte der erstgenannte Sohn Beschwerde ein – der BGHwies sie in letzter Instanz zurück,weil man nicht mit hinreichender Sicherheit feststellen konnte, dass der Betro ene bei der Erteilung der zweiten Vollmacht geschäftsunfähig war. „Der BGH hat ent- schieden, dass für die Wirksamkeit der Vollmachtserteilung das Bestehen der uneingeschränkten Geschäftsfähigkeit nicht erforderlich ist. Ausreichend, aber auch erforderlich ist, dass der Vollmachtgeber die Vollmacht ohne fremde Willensbeein us- sung und im grundsätzlichen Bewusstsein ihrer Bedeutung erteilt hat“, kommentiert Göddecke das Urteil. Beglaubigungen von Betreuungsbehörden sind gültig BGH, 12. 11. 2020, Az. V ZB 148/19 Dieser Fall dreht sich um die Gültig- keit der Beglaubigung einer Vor- sorgevollmacht: Ein Mann hatte vor seinem Tod eine als „Vorsorgevollmacht“ bezeichnete Vollmachtsurkunde für zwei nicht näher bezeichnete Personen ausge- stellt. Die Urkunde war dann von einem Mitarbeiter der Betreuungsbehörde beglau- bigt worden. Im Rahmen einer Eigentums- umschreibung von Grundbesitz nach dem Tod des Mannes im Auftrag der Erben wollte das Grundbuchamt die Genehmi- gung der Erben nebst Erbnachweis sehen. Dagegen legte einer der beiden Bevoll- mächtigten Rechtsbeschwerde ein.Die vor- hergehenden Instanzen sahen die Beglau- bigung der Betreuungsbehörde als nicht ausreichend gemäß Paragraf 29 Grund- buchordnung (GBO) an.Der BGH sah das anders: „Die Beglaubigung von Unter- schriften auf Vorsorgevollmachten durch die Urkundsperson bei der Betreuungs- behörde genügt den Anforderungen des Paragraf 29 GBO“, so Göddecke. Kein gegenseitiger Widerruf von Vorsorgevollmachten OLG Karlsruhe, 24. 1. 2022, Az. 10 W 8/21 Was passiert, wenn mehrere Perso- nen eine zur Einzelvertretung be- rechtigende Vorsorgevollmacht ha- ben und es zu Meinungsverschiedenheiten kommt? Wie in diesem Fall: Ein Mann erteilte seinem Stiefsohn sowie seinen drei leiblichen Kindern eine Vorsorge- und Ge- neralvollmacht. Später widerrief ein leibli- cher Sohn des Vollmachtgebers die dem Stiefsohn erteilte Vollmacht und forderte ihn zur Herausgabe der Vollmachtsurkun- de auf. Der Stiefsohn verweigerte das. Zu Recht, wie das OLG Karlsruhe meint. „Werden mehreren Personen zur Einzelver- tretung berechtigende Vorsorgevollmach- ten erteilt, ermächtigen diese regelmäßig nicht zumWiderruf der Vorsorgevollmach- ten der weiteren Einzelvertretungsberech- tigten“, zitiert Anwalt Göddecke den ent- scheidenden Satz aus dem Beschluss. An- wältin Uhlig rät in solchen Konstellationen, klare Regelungen zu tre en. Betreuer: Wille der Betroffenen muss berücksichtigt werden BGH, 4. 5. 2022, Az. XII ZB 118/21 Der Fall: Eine demente Frau bestellte ihren Ehemann zu ihrem Betreuer, obwohl sie nicht geschäftsfähig war. Das Amtsgericht bestellte eine Berufsbe- treuerin, wogegen der Mann Beschwerde einlegte. Der BGH entschied zu seinen Gunsten. „Nach den gesetzlichen Vorschrif- ten, genau Paragraf 1816 Absatz 2 BGB, ist der von einem Betro enen in den Vorsor- gevollmachten gewählte Betreuer zu be- stimmen. An diesen Wunsch ist auch das Betreuungsgericht gebunden“, kommen- tiert Uhlig. Der Wunsch des Betro enen bei der Betreuerauswahl kann laut BGH nur unberücksichtigt bleiben, wenn die bestellte Person seinemWohl zuwiderläuft. Keine Bestellung von unfähigen und unredlichen Betreuern BGH, 15. 6. 2022, Az. XII ZB 85/22 Der BGH stellte vergangenes Jahr fest, dass trotz Vorhandenseins einer Vorsorgevollmacht die Betreuung einer Person erforderlich sein kann, „wenn der Bevollmächtigte ungeeignet ist, die An- gelegenheiten des Betro enen zu besorgen, insbesondere weil zu befürchten ist, dass die Wahrnehmung der Interessen des Be- tro enen durch jenen eine konkrete Ge- fahr für das Wohl des Betro enen begrün- det“. Letzteres sei der Fall, wenn der Bevoll- mächtigte unfähig oder wegen erheblicher Bedenken bezüglich seiner Redlichkeit als ungeeignet erscheint. Anlass war dieser Fall: Eine Frau war Betreuerin ihrer demenz- kranken Halbschwester. Die Gerichte hielten sie für ungeeignet, weil befürchtet werden müsse, dass sie sich bei ihren Ent- scheidungen durch „bestehenden Groll“ leiten lasse. JENS BREDENBALS FP » Der Text der Vollmacht muss hinreichend und klar umschrieben sein. « Hartmut Göddecke, Göddecke Rechtsanwälte fondsprofessionell.de 2/2023 335 FOTO: © GÖDDECKE RECHTSANWÄLTE

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