FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 2/2023

tingleuten. In anderen Branchen ist das ähnlich. Plötzlich ist angeblich jedes T-Shirt nachhaltig produziert, und auch im Dis- counter gibt es ganz viel Bioware. Da wer- den irgendwelche Kriterien erfüllt, wirklich hart sind die aber nicht. Die strengste Bio- Norm für Deutschland hat meiner Mei- nung nach Demeter. Da werden klare Vor- gaben für verschiedene Kategorien gesetzt. So etwas bräuchte man auch für Fonds. Die EU arbeitet mit Regulierungsprojekten wie der Offenlegungsverordnung und der Taxonomie ja daran. Jaenicke: Die Taxonomie ist das perfekte Beispiel für Greenwashing! Erdgas und Atomenergie sollen grün sein – da kann man nur schallend lachen. Oder weinen. Eigentlich ist es schade, dass die Taxono- mie oft auf diesen Aspekt reduziert wird. Sie ist doch immerhin der Versuch, zu klä- ren, welche Wirtschaftsaktivitäten als öko- logisch nachhaltig einzustufen sind. Ohne einen solchen Katalog geht es nicht. Pfeil: Da stimme ich Ihnen zu. Problema- tisch ist eher der Dschungel an Begri ich- keiten und Vorgaben, die sich zum Teil auch von Land zu Land unterscheiden. Das muss besser koordiniert werden. Ein Argument gegen den Ausschluss gan- zer Branchen ist, dass dann der Einfluss verloren geht. Den Ölkonzern vomUmstieg auf erneuerbare Energien überzeugen kann nur, wer dessen Aktien hält. Jaenicke: Es gibt Klimaaktivisten, die Aktien von Ölkonzernen erwerben, um Anträge auf der Hauptversammlung stellen zu kön- nen – das nde ich clever. Aber die meisten Investoren kaufen die Ölaktien nicht, um das Unternehmen umzukrempeln. Das wäre ein naiver Gedanke. Die Konzerne investieren nach wie vor das meiste Geld in die Erschließung neuer Rohölquellen, nicht in erneuerbare Energien. Es wird gebohrt und gebuddelt, was das Zeug hält. Oder nehmen Sie das EU-weite Verbren- nerverbot, gegen das sich die deutsche Autolobby leider immer noch erfolgreich wehrt. Da merkt man, dass gewisse Indus- trien kein Interesse daran haben, sich zu transformieren, sondern am ewig gestrigen Geschäftsmodell festzuhalten. Pfeil: Das kann man natürlich nicht für alle Unternehmen so sagen. Wir merken in vielen Gesprächen, dass viele aktiv an der Transformation arbeiten. Jaenicke: Einige Mittelständler sind ganz weit vorn, das stimmt. Bei den multinatio- nalen Konzernen bin ich eher skeptisch. Pfeil: Ich bin da optimistischer. Ein Beispiel ist die deutsche Stahlindustrie, die in was- serstoffbetriebene Stahlwerke investiert. Da geht es darum, Stichworte wie Nachhaltig- keit oder Klimaneutralität tatsächlich in der Produktion umzusetzen.Wer könnte denn den grünen Stahl produzieren, den wir künftig brauchen, wenn nicht ein Stahlher- steller? Jaenicke: Bist du dir sicher, dass das alles nicht nur PR ist? Pfeil: Wenn wirklich Milliarden investiert werden, um die neue Technik zu etablie- ren, ist das keine PR. Ich stehe nunmehr seit bald 20 Jahren im direkten Austausch mit Vorständen und Aufsichtsräten. Klar: Manche versprechen dir das Blaue vom Himmel. Aber wenn man sieht, dass sich die angekündigten Veränderungen tatsäch- lich materialisieren, ist nicht von der Hand zu weisen, dass sich etwas bewegt. Ich habe ein positives Menschenbild. Bald hat auch der letzte Vorstandschef verstanden, dass es so nicht weitergehen kann. Zum Wohle unserer Welt und auch zum Wohle des eigenen Geschäfts. Vielen Dank für das Gespräch. BERND MIKOSCH FP KURZ-VITA: Hannes Jaenicke Hannes Jaenicke, geboren 1960 in Frankfurt, spielte in Dut- zenden Filmen und Fernsehserien mit. Seit Jahren engagiert er sich zudem für den Tier- und Umweltschutz, seit Kurzem mit einer eigenen Stiftung, der Pelorus Jack Foundation. » Da wird aktiv gelogen, weniger von den Fonds- managern als von den Marketingleuten. « Hannes Jaenicke, Umweltaktivist FOTO: © NIKOLA NEVEN HAUBNER VERTRIEB & PRAXIS Oliver Pfeil | EB-SIM + Hannes Jaenicke | Umweltaktivist 372 fondsprofessionell.de 2/2023

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