FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 2/2023

EZB-Ratsmitglied und Gouverneur der Oesterreichischen Nationalbank Robert Holzmann erklärt im Gespräch, welche Zinsschritte seiner Meinung nach noch notwendig wären und warum die Gefahr einer Bankenkrise in Europa gering ist. E ZB-Ratsmitglied und OeNB-Gouver- neur Robert Holzmann gilt als „Falke“ unter den EZB-Währungshütern: Damit ist im Notenbanker-Jargon jemand gemeint, der imZweifel eher eine strikte Geldpolitik vertritt, der In"ationsbekämpfung den Vorrang gibt und auf höhere Zinsen setzt. Nachdem die In"ation in der Eurozone im Oktober 2022 mit rund 10,6 Prozent den höchsten Wert seit Bestehen der Eurozone erreicht hat, ist die EZB im „Falken- Modus“, und Holzmanns Meinung hat innerhalb der EZB an Gewicht gewonnen. ImGespräch erklärt der Wirtschaftswissen- schaftler, warum die Zinsen weiter steigen müssen, weshalb das In"ationsziel von zwei Prozent nicht angepasst werden soll und wie er die Gefahr eine Bankenkrise in Europa einschätzt. Herr Prof. Holzmann, als Sie 2019 das Amt als OeNB-Gouverneur übernommen haben, lag der Leitzins der EZB quasi bei null, etwas mehr als drei Jahre später beträgt er nun wieder 3,75 Prozent. Hätten Sie sich damals vorstellen können, dass die Zinsen in Ihrer Amtszeit wieder derartig erhöht werden? Wenn man schon etwas länger am Leben ist, weiß man, dass viele Dinge oft größeren Veränderungen unterworfen sind. 2019 war mir klar, dass wir eine Niedrigzinspha- se haben werden, aber immer die Gefahr besteht, dass, wenn wir einmal daraus aus- scheiden, ein Überschießen bei der In"a- tionsrate statt nden wird. Ein Problemwar rückblickend auch die Entwicklung der unkonventionellen Geldpolitik. Draghi hat ja noch in seiner letzten Sitzung, an der ich bereits teilgenommen habe, den Einlagen- zinssatz für Geschäftsbanken von minus 0,4 auf minus 0,5 Prozent gesenkt (und entsprechend die Kreditzinsen angepasst). Gleichzeitig wurden damals die Nettoan- käufe im Rahmen des Asset Purchase Pro- gramme (APP) wieder eingeführt.Mir war damals klar, dass die Erhöhung der EZB- Bilanzsumme nicht ohne Konsequenzen bleiben wird, wenn es zu einem Schock kommt.Wann dieser kommen würde, war damals natürlich noch unklar, allerdings kam es für mich dadurch nicht unerwartet – nur der Zeitpunkt war überraschend. Sie führen also die Probleme, die wir jetzt haben, auch auf die unkonventionelle Geld- politik der EZB zurück? Damals konnte man den Zinssatz bereits nicht mehr als ein wesentliches Instrument der Geldpolitik verwenden, da man sonst zu sehr in die Richtung der effektiven Un- tergrenze gekommen wäre. Man kann die Nominalzinsen nur bis zu einem gewissen Grad senken, sonst legen die Leute kein Geld mehr bei der Bank an, und dann funktionieren die Mechanismen nicht mehr. Die Wertpapierkäufe durch das Eurosystem wurden ja zudem bereits imOktober 2014 eingeführt. Damit und auch mit der Sen- kung der Zinsen auf die Einlagen bei der Zentralbank hat man damals versucht, die Zinskurve nach unten zu drücken, um dem Nachfrageausfall und der De"ations- gefahr entgegenzuwirken. Die Situation wurde dann natürlich noch durch die Pan- demie verschärft, sodass im März 2020 noch das „Pandemic Emergency Purchase „Wir müssen jetzt noch energischer eingreifen“ » Wir hatten damals kei- ne bessere Alternative als diese unkonventio- nellen Programme. « Prof. Robert Holzmann, OeNB BANK & FONDS Robert Holzmann | OeNB 406 fondsprofessionell.de 2/2023

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