FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 2/2023

Mentale Konten erkennen Die Konkurrenz in der Vermögensberatung ist groß. Um sich von Wettbewerbern abzuheben, können Banken Erkenntnisse der Behavioral-Finance-Theorie nutzen. B ankberater wissen, dass die Kursent- wicklung von börsennotierten Wert- papieren nicht ausschließlich über ökono- mische Faktoren zu erklären ist. Vielmehr spielen verschiedene Ein üsse zusammen. Neben harten wirtschaftlichen Fakten sind auch soziologische und vor allem psycho- logische E ekte relevant. Mit Letztgenannten, insbesonde- re mit der Psychologie der Kapi- talanleger, beschäftigt sich die Behavioral-Finance-Theo- rie. Die verhaltensori- entierte Finanzmarkt- theorie ist ein Teilbe- reich der Wirtschafts- wissenschaften und ver- sucht zu erklären, wie Anlageentscheidungen an den Kapitalmärkten tatsächlich zustande kom- men. Dieses Wissen kön- nen Banken nutzen. Irrationales Handeln „Forschungsgegenstand von Behavioral Finance sind die Prozesse der Aus- wahl, Aufnahme und Ver- arbeitung entscheidungs- relevanter Informationen sowie der Erwar- tungsbildung und Entscheidungs ndung der Anleger“, erläutert Peter Roßbach, Pro- fessor für Allgemeine Betriebswirtschafts- lehre an der Frankfurt School of Finance and Management, in seinem Working Pa- per „Behavioral Finance: eine Alternative zur vorherrschenden Kapitalmarkttheorie?“. Bei Experimenten mit Geld- und Lotte- riespielen zeigten sich bei vielen Teilneh- mern ähnliche Verhaltensmuster, die nicht immer den Anlageerfolg begünstigen. Roß- bach nennt drei Quellen, die zu fehlerhaf- ten Entscheidungen führen können: Ne- ben einem eingeschränkten Informations- stand, der auf Marktunvollkommenheiten wie Informationskosten zurückzuführen ist, spielen auch die beschränkten kogni- tiven Verarbeitungsfähigkeiten des Men- schen eine maßgebliche Rolle. Die Markt- prozesse sind häu g zu komplex, als dass unser Gehirn sie bewältigen könnte. Als Drittes beein usst auch psychischer Stress, der beispielsweise durch Zeit- druck hervorgerufen wird, die An- leger oder auch Fondsmanager negativ. Dass Investoren folglich nicht immer ganz logisch und rational handeln, überrascht demnach nicht. Verlustaversion Den Anlageerfolg schmä- lern kann auch das Phäno- men der selektiven Wahr- nehmung. „Bei umfangrei- chem Informationsangebot nimmt man vorwiegend die Informationen wahr, die den eige- nen Vorstellungen und Meinungen entsprechen. Informationen, die dazu im Widerspruch stehen, werden dagegen gern verdrängt oder vernachlässigt“, erklärt Roßbach in seinem Paper. Die meisten Anleger besitzen auch eine Verlustaversion, das heißt, sie nehmen Verluste in der Regel deutlich stärker wahr als Gewinne in gleicher Höhe. Viele Anleger legen gedanklich für jedes Investment gewissermaßen einen eigenen Ordner an: Eine Aktie verkaufen sie erst, wenn mindestens der Einstands- kurs erreicht wurde – eigentlich irrational. » Die Integration von Aspekten der Behavioral Finance stellt eine Chance da. « Florian Forst, Arthur D. Little BANK & FONDS Behavioral Finance 420 fondsprofessionell.de 2/2023 FOTO: © MCCARONY | STOCK.ADOBE.COM

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