FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 2/2023

Kunden geangelt Reisepass oder Angelschein gibt es in einigen deutschen Groß- städten jetzt bei der Bank. Die örtlichen Sparkassen stellen den städtischen Meldeämtern Räume in ihren Filialen zur Verfügung. D ie Einwohner des Kölner Vorortes Rodenkirchen haben es gut: Nicht nur, dass sie in einem schönen und wohl- situierten Stadtteil leben, der zudem noch direkt am Rhein liegt. Wer behördliche Angelegenheiten regeln möchte, muss als Rodenkirchener seit Neuestem auch nicht mehr ins örtliche Bezirksrathaus, um dort in mie gen Behördenstuben auf seinen Aufruf zu warten.Um den Personalausweis zu verlängern oder sich umzumelden, ge- nügt stattdessen ein Gang in die Sparkas- sen liale vor Ort. Dort können die Bürger in gut ausgestatteten und klimatisierten Räumen nach vorheriger Terminabsprache ihre behördlichen Angelegenheiten von zwei städtischen Mitarbeitern erledigen lassen. Das Angebot ist quasi aus der Not ent- standen: „Wir stellen der Stadt anlässlich der Modernisierung des Bezirksrathauses hilfsweise an einem Tag in der Woche für Meldeangelegenheiten ein Bürozimmer in unserer Filiale zur Verfügung“, erklärt die Sparkasse Köln Bonn. Ob das Experiment Schule macht, wird am Ende der halbjäh- rigen Testphase entschieden. Positive Signa- le sendet die Kölner Verwaltungsspitze be- reits aus: „Wenn das Pilotprojekt erfolgreich verläuft, werden wir unser Angebot auf weitere Standorte in den Kölner ‚Veedeln‘ ausdehnen. Unser Ziel ist es, die Leistun- gen der Kundenzentren näher zu den Köl- nern zu bringen und ihnen dadurch kür- zere Wege und einen besseren Service zu bieten“, sagt Stadtdirektorin Andrea Blome. Filialschwund Banken und ihre Filialen – ein immer- währendes Thema. Fest steht, dass die Insti- tute etwas tun müssen, um die Attraktivität und somit die Kundenfrequenz zu erhö- hen. Allein im Jahr 2021 sank die Zahl der hiesigen Zweigstellen gegenüber dem Vor- jahr um rund zehn Prozent auf gut 21.700. Zum Vergleich: 1995 gab es deutschland- weit noch rund 68.000 Filialen.Die Zahlen für 2022 verö entlicht die Bundesbank erst im Sommer, aber man muss kein Prophet sein, um vorauszusagen, dass der Trend wei- ter intakt ist. Die Notenbank macht für den großen Rückgang vor allem die immer weiter fortschreitende Digitalisie- rung verantwortlich. Corona wirkte dazu noch als Booster. Die übrig gebliebenen Filialen kämpfen zudem mit zu wenig Kundschaft bei gleichzeitig hohen Fix- kosten – etwa für die Miete. Entsprechend sind neue Ideen gefragt. „Das Konzept bietet Sparkassen wie auch Städten eine echte Win-win-Lösung“, sagt Oliver Geiseler, Senior-Partner bei der Un- ternehmensberatung Capco. „Im Zuge der Pandemie hat sich in vielen Ämtern ein Bürokratie-Stau entwickelt. Es gilt, wieder näher an die Bürger zu rücken, Anliegen unkomplizierter und schnell zu bearbei- ten.“Für die Bank ergäben sich im Idealfall Cross-Selling-Möglichkeiten, so der Consul- tant. Ist der Kunde erst einmal in der Filia- » Im Idealfall ergeben sich Cross-Selling- Möglichkeiten. « Oliver Geiseler, Capco Wer einen Angelschein beantragen will, kann das in manchen Städten mittlerweile in der Filiale seiner Sparkasse tun. Von Kooperationen dieser Art können alle profitieren: Kunden, Bank und Stadt. BANK & FONDS Filialkonzepte 426 fondsprofessionell.de 2/2023 FOTO: © ALIAKSANDR MARKO | STOCK.ADOBE.COM

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