FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 2/2023

für ihre Wertsachen. Ein weiterer Grund ist, dass die Furcht vieler Ver- braucher vor Finanz- und politischen Krisen die Schließfachnachfrage befeu- ert – aktuell wegen der In ation und des Ukrainekrieges. „In Krisenphasen suchen viele Zu ucht imGold, das ge- lagert werden muss. Kaum jemand hat aber einen Tresor zu Hause“, so Geiseler. Zudem werben manche Anbieter of- fensiv damit, dass sie mehr Anonymi- tät vor den Behörden bieten als Ban- ken (siehe Kasten nächste Seite). Auch das dürfte für einige ein Motiv sein. Filialsterben Diese Nachfrage seitens der Verbraucher tri t auf ein sinkendes Angebot der Ban- ken, weil diese immer mehr Filialen schlie- ßen: Allein 2021 ging die Zahl der Zweig- stellen laut Bundesbank um fast 2.400 auf rund 21.700 zurück. Zum Vergleich: Vor zehn Jahren gab es noch gut 35.300 Filia- len. Statistiken zur Zahl der Safes und deren Verfügbarkeit gibt es nicht, berichtet der Bankenverband auf Anfrage der Redak- tion. Schätzungen auf Basis von Angaben einiger Institute gehen aber davon aus, dass im Schnitt 70 Prozent der Fächer ausge- bucht sind, in Städten ist der Prozentsatz wohl zum Teil erheblich höher. „In diese Lücke stoßen die privaten Anbieter. Daher ist auch logisch, dass sie ihre Anlagen oft in Ballungsräumen bauen“, sagt Geiseler. In den vergangenen zwei Jahren war dem Capco-Berater zufolge die Corona-Pan- demie zumindest für einige ein weiterer Treiber, weil Banken zeitweise für den Publikumsverkehr geschlossen waren. Die privaten Anbieter setzen nicht nur auf den Nachfragetrend. Sie kooperieren auch mit Partnern, darunter Banken und Sparkassen. Laut Experten wie Geisler arbeiten andere mit Juwelieren und Gold- händlern zusammen, die einen Safe-Anbie- ter empfehlen und dafür eine Provision er- halten. Eine Umfrage der Redaktion unter einem Dutzend Gesellschaften förderte zudem zutage, dass mindestens drei mit Vermögensverwaltern und Finanzmaklern kooperieren (siehe Tabelle nächste Sei- te). Ein weiteres Haus prüft ein solches Modell. Wie viele Kooperationen es genau sind, ist aber nicht bekannt. Sicherheit, Sicherheit Auch wenn private Anbieter mittler- weile Tresorräume mit Zugang über moderne Self-Terminals bieten: Im Kern hat sich die Dienstleistung seit Jahrzehnten nicht geändert – es geht um die sichere Aufbewahrung von Wertgegenständen. „Alle Anbieter müssen baulich und prozessual dafür sorgen, dass alles sicher ist“, weist Geiseler auf einen sehr wichtigen Punkt hin: die Sicherheitsstandards. Experten raten daher, diesen Aspekt genau zu beleuchten. Das Thema ist durchaus komplex, für Laien klingen die Terminologie und die verschiedenen Kennzahlen wie Fachchine- sisch. Dennoch: Als erste Annäherung hel- fen etwa die Sicherheitsstandards, die die VDS Schadenverhütung de niert hat, eine Tochter des Gesamtverbands der Deut- schen Versicherungswirtschaft. Diese de - niert für Wertschutzschränke Widerstands- grade von 0 bis XIII, wobei der letzte die höchste Stufe bezeichnet. Zudem gibt es Normen mit Blick auf den Brandschutz. Andere Punkte, die Interessenten abfragen könnten, sind Einbruchmeldeanlagen, Beim Schließfachanbieter Asservato können die Kunden nicht direkt an ihre Wertsachen. Aus dem Tresorraum (im Bild) liefert ein Roboter die Wertfächer in einen Besucherraum. Anonyme Kunden? Bieten private Schließfachanbieter Anonymität gegenüber Behörden? Philipp Mertens, Partner der Kanzlei BMS Rechtsanwälte in Düsseldorf, erläutert einen häufig nachgefragten Punkt. „Das Kreditwesengesetz schreibt Banken vor, für Kontenabrufersuchen Informationen über die bei ihnen geführten Konten, Depots und Schließfächer bereitzustellen. Auf diese Daten kann das Bundeszentralamt für Steuern im Rahmen eines sogenannten Kontenabrufver- fahrens zugreifen“, berichtet der Jurist. „Es gibt Auskunft darüber, bei welchen Kreditinstituten und für welche Konten, Depots und Schließfächer jemand Inhaber ist.“ Das Verfahren stehe aus- schließlich gesetzlich bestimmten Stellen wie Vollstreckungsbehörden zur Verfügung und kann beispielsweise bei Verdacht auf Steuerhinterzie- hung in Anspruch genommen werden. In diesem Fall muss die Bank Auskunft erteilen, ob der Betroffene ein Schließfach bei ihr unterhält. Allerdings wird die Bank nichts über den Inhalt des Fachs sagen – sie kennt ihn nicht. Ein privater Schließfachanbieter ist zu vergleichbaren Auskünften nicht verpflichtet. „Allerdings ‚schützt‘ diese Anonymität die Kunden nur auf den ersten Blick. Denn grundsätzlich hat jeder Steuerpflichtige die zur Feststellung eines für die Besteuerung erheblichen Sachverhalts erforderlichen Auskünfte zu erteilen. Es besteht also unabhängig vom Schließfachanbieter eine entsprechende Auskunftspflicht gegenüber den Behörden“, so Mertens. Gleiches gilt etwa auch im Fall einer priva- ten Insolvenz. „Wer den Inhalt eines Schließ- fachs – unabhängig davon ob es sich um ein Bank- oder Privatschließfach handelt – ver- schweigt, obwohl er zur Auskunft verpflichtet ist, riskiert daher so oder so empfindliche Strafen“, stellt der Düsseldorfer Anwalt fest. fondsprofessionell.de 2/2023 433 FOTO: © KHUONG NGUYEN | KOZYSTUDIOBERLIM

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