FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 2/2023

Kleinanlegern zum Beispiel den Vergleich verschiedener Finanzinstrumente erleich- tern. Waigel befürchtet daher zusätzliche P ichten in der Anlageberatung: „Denkbar wäre, dass künftig zum Beispiel ein umfas- sendes Marktscreening vorzunehmen ist, um für den Kunden gleichwertige, aber günstigere Finanzprodukte zu ermitteln.“ Das bedrohe Geschäftsmodelle, in denen Berater vor allem gruppen- oder hauseige- ne Produkte vermitteln. „Produkt-Polizei“ Dem kursierenden Entwurf zufolge sollen die EU-Aufseher auch das Mandat erhalten, „Preis-Leistungs-Benchmarks“ als Maßstäbe für Kosten und Leistung zu scha en. „Eine Abweichung von der je- weiligen Benchmark sollte die Vermutung aufkommen lassen, dass die Kosten und Gebühren zu hoch sind und das Produkt kein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis bietet“, zitiert der Vermittlerverband AfW aus dem Entwurf. Martin Klein, geschäftsführender Vorstand des Votum-Verbands, wehrt sich gegen eine solche „Produkt-Polizei“. „Dies könnte einen europäischen Provisions- deckel bedeuten“, mahnt er. Erwähnt wird im Entwurf auch ein Ver- bot von Anreizen für reine Ausführungs- geschäfte, bei denen keine Beratung statt- ndet. Falls diese Regelung nur auf „Exe- cution only“-Geschäfte im engeren Sinn abzielt, bei denen der Vermittler oder die Bank weder eine Geeignetheits- noch eine Angemessenheitsprüfung vornimmt, wäre das für die meisten Marktteilnehmer un- problematisch, denn ein solches Geschäfts- modell verfolgen die wenigsten. Wäre aber auch die Anlagevermittlung betro en, bei der zwar auf eine Beratung verzichtet wird, es immerhin aber eine An- gemessenheitsprüfung gibt, hätte das enor- me Konsequenzen. Denn die Depotban- ken unterscheiden in der Regel nicht, wie ein Fondsanteil zu ihnen gelangt ist – ob über eine Anlageberatung, eine Finanzport- folioverwaltung oder eine reine Anlage- vermittlung. „Kommt daher ein Provisions- verbot für die Anlagevermittlung, hätte das ganz erhebliche praktische Probleme, weil Bestände nach verschiedenen Wertpapier- dienstleistungen abgegrenzt werden müss- ten“, sagt Rechtsanwalt Waigel. „Für die Ver- gangenheit ist das wahrscheinlich gar nicht mehr möglich.“ Ein weiterer wichtiger Aspekt aus dem Entwurf für die „Kleinanlegerstrategie“: In drei Jahren soll evaluiert werden, ob die neuen Regeln den erwünschten Erfolg hatten. Falls nicht, wird ein mögliches Pro- visionsverbot wohl schnell wieder zum Thema. Vielleicht erscheint ein solcher Schritt der EU-Kommission dann nicht mehr als „zu disruptiv“– und der vermeint- liche Bettvorleger entpuppt sich plötzlich doch noch als Tiger. BERND MIKOSCH FP » Die Kommissarin hat angedeutet, dass die Regelungen für die Provisionen verschärft werden sollen. « Christian Waigel, Waigel Rechtsanwälte Provisionsverbot für Versicherungsmakler? Die Vermittlerverbände Votum und AfW warnen vor einem möglichen Provi- sionsverbot für Versicherungsmakler im Geschäft mit Lebensversicherungen. Strittige Passage: Der Entwurf der „Kleinanlegerstrategie“ sieht diverse Änderungen der EU-Versicherungsvertriebsricht- linie IDD vor. Der Inhalt des geplanten Artikel 30 Absatz 8 lautet in der Übersetzung des Votum- Verbands so: „Die Mitgliedsstaaten schreiben vor, dass der Versicherungsvermittler, wenn er den Kunden darüber informiert, dass die Beratung auf unabhängiger Basis erfolgt, Folgendes tun muss: 1. eine hinreichend große Zahl von auf demMarkt verfügbaren Versicherungsprodukten bewerten, die hinsichtlich ihrer Art und ihrer Produktanbieter hinreichend diver- sifiziert sind, (…) 2. keine Gebühren, Provisionen oder andere monetäre oder nichtmonetäre Vorteile annehmen und einbehalten, die von einem Dritten oder einer Per- son, die im Namen eines Dritten handelt, im Zu- sammenhang mit der Erbringung der Dienstleis- tung für Kunden gezahlt oder gewährt werden.“ Sachwalterurteil: Der Votum-Verband weist darauf hin, dass Versicherungsmakler in Deutsch- land nicht erst seit dem Sachwalterurteil des Bundesgerichtshofs gegenüber Kunden zur unab- hängigen Vermittlung verpflichtet sind. „Sollte diese Regelung daher unverändert umgesetzt werden, könnten Makler für Vermittlungsleistun- gen in der Sparte Leben keine Provision mehr entgegennehmen“, mahnt der geschäftsführende Votum-Vorstand Martin Klein. Umsetzung: Ob diese Passage aus dem Entwurf so in die endgültige Fassung der Klein- anlegerstrategie Eingang finden wird, bleibt abzuwarten. Ihren offiziellen Vorschlag wollte die EU-Kommission am 24. Mai vorstellen, nach Re- daktionsschluss dieser Ausgabe. Danach müssen noch das Europaparlament und die Mitgliedsstaa- ten zustimmen. fondsprofessionell.de 2/2023 443 FOTO: © WAIGEL RECHTSANWÄLTE

RkJQdWJsaXNoZXIy ODI5NTI=