FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 2/2023

Der betro ene Makler stand am Anfang der Karriere, mit dem Pool war es für ihn einfacher, in die Selbstständigkeit zu star- ten. Daher war er für das Gericht faktisch abhängig vom Pool“, kommentiert Kolß. „Dagegen geht das Sozialgericht Lüneburg im Fall eines Maklers, der zuvor immerhin knapp zwei Jahre als gebundener Versiche- rungsvermittler tätig war, sehr auf die Ver- tragsausgestaltungen ein.“ Fokus auf Verträge Aber von vorn: Das Gericht in Lüne- burg lässt die oben genannten Ausführun- gen des BSG vom April 2015 zur De ni- tion eines Auftraggebers nicht gelten – der Pool ist aus seiner Sicht nicht der Auftrag- geber. „Das SG hat sich dabei auf die klare Vertragsgestaltung bezogen, die eindeutig von Handelsvertreterverträgen abweicht. Es hob hervor, dass dem Makler weder ein Organisations-, Vertriebs- oder Marketing- konzept vorgegeben sei“, so Wirth, dessen Kanzlei das Urteil erstritten hatte.Der Jurist betont außerdem, dass laut Gericht der Provisionsanspruch des Maklers im Vertrag mit dem Kunden begründet liegt – und nicht in der Verbindung zum Pool. Daher seien die einzelnen Kunden des Maklers seine Auftraggeber. Eine wirtschaftliche Abhängigkeit sieht das Lüneburger Gericht ebenfalls nicht. Das macht das Gericht unter anderem daran fest, dass der Makler frei ist, einen von ihm vermittelten Vertrag über einen anderen Pool oder direkt bei der Produktgesellschaft einzureichen. Tipps für Makler Was heißt das nun für Makler? Die Juris- ten sind uneins. Wirth stuft das Urteil des LSG Bayern als „Betriebsunfall“ ein, das nicht verallgemeinert werden könne – un- ter anderem weil die Vertragsbedingungen des dortigen Maklerpools nicht branchen- üblich waren. Kolß ist anderer Meinung. „Im Moment herrscht daher eine Rechts- unsicherheit. Es gibt keine höchstrichter- liche Klärung durch das Bundessozial- gericht.“ Bis dahin müsse man also versu- chen, selbst Rechtssicherheit zu scha en. Das ist gar nicht so schwer: „Die beiden Urteile beziehen sich jeweils auf Makler, die mehr als fünf Sechstel ihrer Geschäfte über einen Pool abwickelten und keine eigenen Mitarbeiter haben. Wer also min- destens einen sozialversicherungsp ichtig Beschäftigten, also mehr als ein Mini-Job, einstellt und/oder mit mindestens zwei Pools kooperiert und dabei nicht mehr als fünf Sechstel seiner Betriebseinnahmen über einen der Pools generiert, ist raus“, so Kolß’ Rat. JENS BREDENBALS FP » Das Urteil des Bayerischen Landes- sozialgerichts ist ein Betriebsunfall. « Norman Wirth, Wirth Rechtsanwälte Rentenversicherung versus Deutsche Bank Am 8. März 2021 entschied das Sozialgericht Frankfurt amMain in einem Rechtsstreit zwischen der Deutschen Rentenversicherung (DRV) und der Deutschen Bank gegen das Kreditinstitut (Az. S 18 BA 93/18). Das Gericht war der Ansicht, dass ein freier Handelsvertreter, der im mobilen Vertrieb der Bank tätig war, nicht selbstständig, sondern abhängig beschäftigt war. Das Berufungsverfahren vor dem Hessischen Landes- sozialgericht (Az. L 8 BA 36/21) ist noch nicht entschieden. Ausgangslage: Ein früherer Berater des mobilen Vertriebs bat die DRV, seinen Sozialver- sicherungsstatus festzustellen. Diese stufte ihn als Beschäftigten ein, weil sein Berufsalltag „deutlich von dem eines selbstständigen Unter- nehmers abwich“. Eingliederung in den Betrieb: Das Sozial- gericht gab der DRV recht, es sah eine „Einglie- derung“ des Beraters in den Betrieb der Bank. Das machte es unter anderem daran fest, dass die Gebietsleiter des Vertriebs den angestellten Regionalleitern der Bank „zu Berichten über die geschäftliche Entwicklung in ihrem Gebiet sowie der Ursachen ver- pflichtet“ sind. Vorgaben des Regionalleiters wür- den durch den Gebietsleiter an die Agenturleiter und damit die Vermittler weitergegeben. Kein Kapitaleinsatz: Ferner sah das Gericht nicht, dass der Vermittler „eigenes Kapital auch unter Gefahr eines Verlustes eingesetzt“ habe – ein wesentliches Kriterium für Selbstständige. Zu- dem habe der Vermittler über keinen eigenen Be- triebssitz und keine eigene Organisation verfügt. Sicht der Deutschen Bank: „Bei dem (…) erwähnten Urteil des Sozial- gerichts Frankfurt handelt es sich um eine Einzelfallentscheidung, die verschiedene Besonderheiten aufweist und aus unserer Sicht auf unsere übrigen selbstständigen Handelsvertreter nicht übertragen werden kann“, so die Bank. „Da unseres Erachtens auch die fallspezifischen Besonderheiten nicht korrekt gewürdigt worden sind, haben wir gegen die Entscheidung Berufung eingelegt.“ STEUER & RECHT Rentenversicherung 446 fondsprofessionell.de 2/2023 FOTO: © BETTINA STRAUB | WIRTH RECHTSANWÄLTE

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