FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 3/2023

Marco Herrmann und Thomas Graf vom traditionsreichen Vermögensverwalter Fiduka über ihren Investmentansatz, die schwächelnde Konjunktur und die Frage, welchen Rat Firmengründer André Kostolany Anlegern in diesen Zeiten wohl gegeben hätte. V omMünchner Marienplatz zur tradi- tionsreichen Fiduka-Vermögensverwal- tung sind es nur ein paar Schritte. An der Tür weist das Schild „Kostolanys Börsense- minare“auf den legendären Investor André Kostolany hin, der das Fondshaus 1971 ge- meinsam mit Gottfried Heller gegründet hatte. An den Erfolg knüpft man weiter an, nicht nur mit den Börsenseminaren, son- dern auch mit dem Fiduka Universal Fonds I, den das Analysehaus Morningstar seit Jahren als einen der besten aggressiven Euro-Mischfonds ausweist. Im Interview erklären Investmentchef Marco Herrmann und Portfoliomanager Thomas Graf, wie sie in künstliche Intelligenz investieren, wa- rum sie trotz Baukrise einen Baustoffher- steller kaufen und welchen Rat ihr Firmen- gründer in der aktuellen Situation hätte. Herr Herrmann, der deutsche Aktienindex Dax liegt seit Jahresanfang weit im Plus, zugleich signalisiert die inverse Zinsstruk- tur bei Bundesanleihen eine drohende Rezession. Wer hat recht? Marco Herrmann: Dass die langfristigen Zinsen unter den kurzfristigen liegen, hat mehrere Gründe, vor allem drückt die noch immer unglaubliche Überschussli- quidität von einer bis anderthalb Billionen Euro die Langfristzinsen nach unten. Der Aktienmarkt wiederum war 2022 zu skep- tisch, und seitdem haben sich die Kurse kräftig erholt. Das erklärt den scheinbaren Widerspruch. Aber die Rezession kommt, und genau genommen sind wir ja schon mittendrin, wir spüren das nur nicht so richtig. Besonders traurig: Nahezu alle anderen Länder weisen ein positives Wirt- schaftswachstum aus, außer Deutschland. Wir sind als konjunktureller Geisterfahrer in die falsche Richtung unterwegs. Halten Sie den Dax bei diesen Aussichten für absturzgefährdet? Herrmann: Der Dax ist generell kein guter Indikator für die deutsche Wirtschaft, und auch die Rezession ndet in anderen Wirt- schaftsbereichen statt. Die Dax-Unterneh- men sind meist global unterwegs und hän- gen weniger an der deutschen Konjunktur. Beim aktuellen Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) von elf auf Basis der erwarteten Gewinne für das Jahr 2023 ist der Dax zudem nach unten gut abgesichert. 20 Pro- zent Schwankungen sind aber völlig nor- mal, dazu braucht es nicht einmal beson- ders schlechte Nachrichten. Thomas Graf: Die Unternehmensgewinne gehen immer weiter zurück, am Jahresen- de wird wahrscheinlich ein kleines Minus stehen. Doch für kommendes Jahr sieht es schon wieder besser aus, auch weil die Energie- und Transportkosten gesunken sind. Ich erwarte für 2024 wieder fünf bis zehn Prozent Gewinnwachstum, was auch den Dax weiter nach oben treiben dürfte. Sie investieren stark in klassische Werte wie BMWoder den Landmaschinenherstel- ler John Deere.Wie passen solche Zykliker zur aktuellen Konjunktur? Graf: Wir bauen das Portfolio nicht massiv um je nach Konjunktur. Nach unserem Verständnis kaufen wir auch keine Aktien, sondern erstklassige Unternehmen – und die möglichst zu einem Top-Preis. Wenn „Die Musik an der Börse spielt noch lange weiter“ » Wir kaufen keine Aktien, sondern erstklassige Unternehmen – und die möglichst zu einem Top-Preis. « Thomas Graf, Fiduka FOTO: © AXEL GRIESCH FOTOGRAFIE MARKT & STRATEGIE Marco Herrmann + Thomas Graf | Fiduka 144 fondsprofessionell.de 3/2023

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