FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 3/2023
Ruß zur Gegenkritik an: „Bei Fondsent- nahmeplänen, die gern als Alternative gepriesen werden, muss man bedenken, dass die Depots bei schlechter Marktent- wicklung zwischenzeitlich an Wert verlie- ren können. Die Folge ist, dass das Geld nicht so lang reicht wie geplant.“ In seiner Studie berechnete das Ifa-Trio daher, wie wahrscheinlich ein solches Szenario ist. So wurde gerechnet Ruß und seine beiden Co-Autoren Ale- xander Kling und Andreas Seyboth gehen von einer 65-jährigen Person aus, die über 100.000 Euro Kapital verfügt und eine Le- benserwartung von 90 Jahren hat. In einer Berechnung wurde eine monatliche Ent- nahmesumme von 632 Euro unterstellt, in einer zweiten 522 Euro – typische Werte, die Auszahlplan-Rechner im Internet bei einer Rendite von sechs respektive vier Pro- zent vorschlagen. „Eine weitere Annahme, die wir im ersten Beispiel getro en haben, ist, dass der Fonds bei sechs Prozent Rendi- teerwartung eine Volatilität von 20 Prozent aufweist“, erläutert Ruß. „Im zweiten Bei- spiel untersuchten wir einen Fonds mit vier Prozent Renditeerwartung und nur zehn Prozent Volatilität. In beiden Beispie- len variierten wir dann noch die Rendite- erwartung bei unveränderter Volatilität.“ Die Berechnung der Zufallsschwankungen der Fonds basiert auf dem Black- Scholes-Modell und einer soge- nannten Monte-Carlo-Simula- tion: Ruß, Kling und Seyboth ließen den Computer 10.000 Szenarien entwerfen, wie sich der Fonds entwickeln könnte, schließlich schwankt die Perfor- mance in der Realität deutlich – ein Aspekt, den Auszahlplan- Rechner gern ausblenden. Das Ergebnis: Berücksichtigt man, dass ein Fonds sechs Pro- zent Rendite langfristig unter marktüblichen Schwankungen erwirtschaftet, beträgt die Wahrscheinlich- keit, dass der gewünschte Betrag von 632 Euro imMonat auch im Alter von 90 Jah- ren noch entnommen werden kann, le- diglich 32,4 Prozent. Oder anders formu- liert: Die Wahrscheinlichkeit, dass das Geld vorher ausgeht, liegt entsprechend bei rund 68 Prozent. Mit einer Wahrscheinlichkeit von 50 Prozent ist das Depot bereits ge- leert, bevor der Musterkunde seinen 83. Geburtstag feiert.Die Aussichten sind auch im zweiten Beispiel nicht rosig. Hier liegt die Wahrscheinlichkeit bei rund 60 Pro- zent, dass das Geld bis zum 90. Geburtstag reicht. Allerdings muss erwähnt werden: Ein Verbraucher, der sich für eine lebens- lange Rente bei einemVersicherer entschei- det, darf der Studie zufolge nur eine mo- natliche Zahlung von 416 Euro erwarten. Die Richtigkeit der Beispielrechnungen zweifeln Experten nicht an. Finanzberater Rolf Klein, Geschäftsführer der Neutralis Kapitalberatung, etwa hat mathematisch nichts an dem Vorgehen auszusetzen. Er weist aber auf einen anderen Punkt hin: „Die Studie ist eindimensional. Sie lässt eini- ge andere wichtige Aspekte bei der Wahl zwischen einer Rentenversicherung und einem Investmentplan unberücksichtigt.“ Dazu gehört Klein zufolge etwa, ob ein Ruheständler zusätzliche Vermögenswerte wie vermietete Immobilien hat, mit deren Einkünften er eine schlechte Fondsperfor- mance ausgleichen kann. Letztlich kommt es also auf den Verbraucher und seine kon- krete Situation an, welches Produkt sich am besten eignet. JENS BREDENBALS FP Langlebigkeitsrisiko Wie hoch ist das Risiko, dass das Geld aus einem Fondsdepot nicht bis zum Lebensende reicht? Das Ifa-Institut hat berechnet, wie wahrscheinlich es ist, dass das Kapital aus einem mit 100.000 Euro dotierten Fondsentnahmeplan nicht bis zum Lebensende reicht. Betrach- tet wurden zahlreiche Szenarien, von denen vier hier grafisch dargestellt sind – mit unterschiedlichen Ent- nahmebeträgen (E) und Annahmen für die Rendite (R) sowie die Volatilität (V) des Fonds. Lesebeispiel: Bei einem Ruhe- ständler, der monatlich 632 Euro aus einem Fonds mit vier Prozent Rendite und 20 Prozent Volatilität entnimmt (rote Linie), ist das Ersparte zum 85. Lebensjahr mit rund 70 Prozent Wahrscheinlichkeit aufgezehrt. Quelle: Ifa-Institut 0 % 20 % 40 % 60 % 80 % 100 % 100 95 90 85 80 75 70 65 E: 632 Euro, R: 4%, V: 20% E: 632 Euro, R: 6%, V: 20% E: 522 Euro, R: 4%, V: 10% E: 522 Euro, R: 6%, V: 10% Jahre Wahrscheinlichkeit, dass das Geld ausgeht erreichtes Alter: » Oft reicht das Geld nicht so lang wie geplant. « Jochen Ruß, Ifa-Institut fondsprofessionell.de 3/2023 263 FOTO: © CHRISTIAN KRUPPA | GDV
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