FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 3/2023

beachten, dass das Kundeninteresse nie von einem Vergütungsinteresse des Vermittlers überlagert werden darf. „Dabei sind Be- schäftigte des Maklers selbst keiner ‚Best Advice‘-Verp ichtung unterworfen“, betont Kempf. Sie könnten lediglich solche Poli- cen anbieten, die ihr Chef im Portfolio hat. Somit stelle das Produktspektrum des Mak- lers den Maßstab und die Grenze der mög- lichen Angebote durch den Beschäftigten dar. Dabei muss der Makler sein Angebot für den Kunden aber stets aus der „Breite des Marktes“ erarbeiten. Dies gilt in ver- gleichbarer Weise auch für alle anderen Versicherungsvermittlungsbetriebe, also auch für die Chefs von Agenturen und Mehrfachvertretungen, wobei deren Ange- bot selbstverständlich auf die Produkte der vertretenen Versicherer beschränkt ist. „Erfüllungsgehilfe“ Was die Haftung des Maklers für seine Untervermittler betri t, so ist der Unterver- mittler regelmäßig als „Erfüllungsgehilfe“ des Maklers anzusehen (nach Paragraf 278 BGB). Daher haftet der Makler für dessen Tätigkeit wie auch für einen Angestellten oder einen Handelsvertreter. „Die Erfül- lungsgehilfenstellung kann dann ange- nommen werden, wenn eine vertragliche Beziehung zwischen Makler und Kunde besteht, etwa durch Verwendung des Mak- lervertrags oder einer Vollmacht“, erklärt Kempf. Ist der Untervermittler selbst als Versicherungsmakler zugelassen, ändere das nichts an dieser Beurteilung. Auch ein registrierter Makler könne Erfüllungsge- hilfe eines anderen Maklers sein. Unzulässig und für den Makler hinsicht- lich einer eigenen Haftung mehr als kri- tisch wäre es laut Kempf, wenn der Makler einem Mitarbeiter lediglich einen Teil des Produktspektrums anbietet und ihn nur für diesen Teil vergüten würde. Beispiel: Der Makler leistet sich einen „Unfallspezia- listen“, der lediglich einen Vertriebsauftrag für Unfallversicherungen hat und für die Empfehlung einer Berufsunfähigkeitsab- sicherung als passendere Alternative nicht vergütet würde. „Es emp ehlt sich, die Beschäftigten so zu vergüten, dass es nicht auf den Ab- schluss spezi scher Produkte ankommt“, rät Kempf. Eine rein abschlussorientierte Vergütung ohne Anteil eines Fixgehalts könne ebenfalls einen erhöhten Anreiz scha en, Produkte im Interesse der eigenen Vergütung und eben gerade nicht im pri- mären Kundeninteresse zu empfehlen. Gruppenversicherungen Aktuell ergibt sich durch Gruppenversi- cherungen ein neues Spannungsfeld. Infol- ge eines EuGH-Urteils vom 29. September 2022 könnten Einrichtungen, die Grup- penversicherungen abschließen, als Ver- mittler eingestuft sein, obwohl sie streng genommen nur Versicherungsnehmer des Gruppenvertrags sind (Az.: C-633/20). Das hat für Unsicherheit bei vielen Arbeit- gebern und Vereinen gesorgt, zumal der BGH daraufhin die EuGH-Kriterien bestä- tigt hat (Urteil vom 15. Dezember 2022; Az.: I ZR 8/19). Eine Tätigkeit als Vermitt- ler wird unterstellt – auch in Bestandsver- trägen –, wenn drei Kriterien kumulativ er- füllt sind: Erstens erhält der Versicherungs- nehmer eine Vergütung oder verfolgt ein eigenes wirtschaftliches Interesse, zweitens ist die Mitgliedschaft im Gruppenversiche- rungsvertrag freiwillig, und drittens haben die versicherten Personen (Arbeitnehmer oder Vereinsmitglieder) das Recht, Versi- cherungsleistungen gegenüber dem Versi- cherer in Anspruch zu nehmen. Vor allem echte Gruppenversicherungs- verträge, denen freiwillig und gegen Ent- gelt beigetreten wird, stehen im Visier der Aufsicht. Die Ba n präzisierte Anfang Juli gemeinsam mit dem DIHK in einer Auf- sichtsmitteilung, wann eine Vermittlertätig- keit vorliegt und wann nicht. Liegt sie vor, muss sich der Arbeitgeber oder Verein als Versicherungsvermittler registrieren lassen und auch alle anderen Berufsp ichten erfüllen, etwa den Nachweis einer Ver- mögensschadenhaftp ichtversicherung und regelmäßiger Weiterbildung. Die Ba n gab jedoch Entwarnung für Gruppenverträge in der betrieblichen Al- tersversorgung. Demnach liegt bei Direkt- versicherungen keine Tätigkeit des Arbeit- gebers als Versicherungsvermittler vor.Hin- tergrund: Vielfach werden lediglich Rah- menverträge vereinbart – so bei der Ent- geltumwandlung, auf deren Grundlage individuelle Direktversicherungen für den Arbeitnehmer abgeschlossen werden. Da- mit liegen in diesen Fällen – mangels Ein- heitlichkeit des Vertrags – bereits keine ech- ten Gruppenversicherungsverträge vor. Soll- te im Einzelfall doch ein echter Gruppen- versicherungsvertrag vorliegen, dürfte die Fürsorgep icht des Arbeitgebers regel- mäßig im Vordergrund stehen und es an einem eigenen wirtschaftlichen Interesse des Arbeitgebers fehlen, soweit er keine Vergütung erhält. DETLEF POHL FP » Es empfiehlt sich, die Beschäftigten so zu vergüten, dass es nicht auf den Abschluss spezifischer Produkte ankommt. « Andre Kempf, Allianz FONDS & VERSICHERUNG Maklerlohn 266 fondsprofessionell.de 3/2023 FOTO: © PRIVAT

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